Völkerverständigung auf dem Friedhof - eine Ägypterin in Tschechien
Auf einem kleinen protestantischen Friedhof in der Gemeinde Česká Ves / Neudörfel nahe der polnischen Grenze tummeln sich seit Mittwoch zehn Freiwillige aus aller Welt. Sie sind bewaffnet mit Werkzeugen, Pinseln und Farbe. Was verdächtig klingt, hat einen guten Zweck: Die Freiwilligen treffen sich seit fünf Jahren regelmäßig und pflegen dort die Gräber von ehemaligen deutschsprachigen Bewohnern der Gegend. Die Ägypterin Mayada El Hissy ist in diesem Jahr zum ersten Mal dabei. Sie lebt mit ihrem Ehemann im mährischen Přerov / Prerau. Radio Prag hat mit ihr über das Projekt gesprochen.
„Ich lebe seit drei Wochen in Tschechien und ein Freund von einem Mann hat uns eingeladen, zu diesem Camp kommen. Und es klang ganz exotisch, weil ich das Land besser kennen lernen will und auch Leute kennen lernen will. Und so bin ich hier gelandet. Die Gruppe ist sehr nett, wir haben einen Österreicher dabei. Der älteste Teilnehmer ist 70 Jahre alt, er ist Deutscher und stammt ursprünglich aus Krnov / Jägerndorf, das ist hier in der Nähe. Und das alles hilft mir, mehr über die Geschichte des Landes zu erfahren.“
Das Lager hat gestern begonnen. Beschreiben Sie doch kurz, wie es vor Ort aussieht und was Sie auf dem Friedhof machen.„Wir renovieren hauptsächlich die Leichenhalle. Wir wollen ein neues Dach anlegen und daran arbeiten die meisten Teilnehmer. Außerdem streichen wir ein bisschen die Hölzer, räumen auf und so weiter.“
Wie kommt es, dass Jahr für Jahr immer wieder Bedarf ist, Grabpflege zu betreiben? Welche Schäden entstehen auf dem Friedhof?
„Wenn man zum Beispiel die Leichenhalle anschaut, die sieht richtig alt aus. Die Steine sind ganz zerbrochen und das Dach ist nicht richtig isoliert. Daran arbeiten wir.“
Hilft Ihnen die Arbeit, Tschechien besser kennenzulernen?„Ja, denn der älteste Teilnehmer erzählt ganz viel von seiner Kindheit, seiner Familie und von Krnov. Er wurde hier geboren, seine ganze Familie lebte hier, und dann wurde die ganze Familie vertrieben. Und das ist für mich sehr interessant, weil ich vorher nur wenig über europäische Geschichte wusste. Mir hilft das, ein Bild von meiner neuen Heimat zu bekommen.“