Volle Kraft voraus: 200 Jahre Dampfschifffahrt auf der Moldau

Foto: Ondřej Tomšů

Am 1. Juni 1817 versammelten sich Schaulustige am Ufer der Moldau in Prag. Sie alle wollten das erste Dampfschiff in Böhmen sehen. Dies hat vor 200 Jahren der tschechische Erfinder und Konstrukteur Josef Božek vorgestellt.

Josef Božek
Die Schau fand im Stromovka-Park statt. Mehr erzählt der Vorstandsvorsitzende der Prager Dampfschifffahrtsgesellschaft, Jan Hamza:

„Božek präsentierte ein von ihm konstruiertes dampfbetriebenes Automobil und einen kleinen Dampfer. Er wollte Geld für sein Projekt sammeln, hatte aber keinen Erfolg. Denn es zog ein Gewitter auf. Außerdem stahl jemand die Büchse mit dem bereits gesammelten Geld. Der Versuch scheiterte also damals.“

Božek war so verärgert und zudem verschuldet, dass er die von ihm konstruierten Maschinen zerstörte. Auch später nahm er seine Experimente nie wieder auf. Noch mehr als zwanzig Jahre sollte es deswegen dauern, bis die regelmäßige Dampfschifffahrt hierzulande eingeführt wurde.

„Noch bevor dies auf der Moldau geschah, nahm auf der Elbe ein Dampfschiffunternehmen seinen Betrieb auf. Sein Dampfer Bohemia war aber 1841 im Prager Vorort Karlín vom englischen Schiffkonstrukteur Ruston gebaut worden. An einer der ersten Schifffahrten nahm der dänische Schriftsteller Hans Christian Andersen teil. Der ganze Dampfer war aus Holz, und seine Tauchtiefe lag nur bei 40 Zentimetern. Deswegen konnte er bis nach Dresden fahren.“

Dampfer Bohemia
Das Elbe-Schiff fuhr also aus Obříství in Mittelböhmen bis nach Sachsen. An der Moldau musste man noch auf den ersten Dampfer warten. Zur Prager Dampfschifffahrtsgesellschaft kam es durch den Unternehmer und späteren Prager Oberbürgermeister František Dittrich:

„Er berief 1864 die Bürger ein und gründete eine Aktiengesellschaft. Die Konzessionsurkunde musste in Wien bestätigt und vom Kaiser selbst unterzeichnet werden. Die Firma brachte das Geld zusammen für den Bau des ersten Dampfers namens Praha - Prag. Und damit begann die Ära der Prager Dampfschifffahrtsgesellschaft. Den größten Boom erlebte die Firma im Jahr 1921. In dieser Saison wurden 2,1 Millionen Fahrgäste befördert.“

Bevor südlich von Prag die Moldau ihre heutigen Stauseen erhielt, fror der Fluss im Winter regelmäßig zu. Heute verkehren die Dampfer das ganze Jahr über, hebt Jan Hamza hervor:

„Dank der Schleusen und Kanäle auf dem Moldau-Schifffahrtsweg sind 102 Kilometer befahrbar. Das heißt von der Slapy-Talsperre bis zum Zusammenfluss der Moldau und der Elbe bei Mělník.“

Jan Hamza  (Foto: Ondřej Tomšů)
Per Schiff können Besucher heute auch eine Prager Besichtigungstour machen. Der Audiokommentar zu den Denkmälern und Wasserbauwerken wird in acht Sprachen angeboten:

„Man fährt am Nationaltheater vorbei sowie unter der Karlsbrücke hindurch. Kleine Schiffe biegen auch in den Čertovka-Fluss unter der Prager Burg hinein, der als das Venedig Prags bezeichnet wird. Bei der Schifffahrt kann man die schönsten Denkmäler sehen, die Prag zu bieten hat.“

In den letzten Jahren erlebt die Prager Dampfschifffahrtsgesellschaft mit rund 400.000 Fahrgästen pro Jahr einen Aufschwung. Im Jahr 2014 wurden zwei neue moderne Wasserfahrzeuge angeschafft. Gleichzeitig verkehrt immer noch der historische Dampfer Vltava aus dem Jahr 1940 auf der Moldau.