Vom „guten Soldaten Švejk“ – Jaroslav Hašeks Roman in deutscher Neuübersetzung
Nicht nur in Tschechien kennt ihn jeder, den „Braven Soldaten Schwejk“. Jaroslavs Hašeks Roman zählt zu den Klassikern der Weltliteratur und gilt als einer der ersten Antikriegsromane. Hundert Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs hat sich der gebürtige Prager Antonín Brousek an eine deutsche Neuübersetzung gewagt.
„Die Rezeption in Deutschland wurde gerade durch diese, meiner Meinung nach grauenhafte Heinz-Rühmann-Verfilmung bedingt. Heinz Rühmann verkörpert am wenigsten die Romanfigur des Schwejks. Die Rezeption in Deutschland war immer eine filmische. Diese Romanverfilmungen waren in Deutschland prägend, durch sie hatte sich die Figur des ‚Schwejk‘ komplett von der Buchvorlage gelöst. ‚Schwejk‘ wurde so zu einer Art Comic-Figur außerhalb des Werks. Die gesellschaftlich und politisch relevanten Themen des Romans gingen in diesen filmischen Adaptionen verloren. In Tschechien lief die Rezeption in erster Linie über das Buch selbst, eine Trennung wie in Deutschland fand nicht statt.“
Die bisher einzige deutsche Übersetzung stammte aus der Feder der Prager Deutschen Grete Reiner. In Deutschland wurde Reiners Fassung kaum wahrgenommen. Jahrelang bedauerte Brousek das Desinteresse an dem im Original genialen Roman. Auch der Schriftsteller und Zeitgenosse Kurt Tucholsky bezeichnete bereits in den 1920er Jahren Reiners Übertragung als ‚unmöglich‘:
„Was Tucholsky als ‚unmöglich‘ bezeichnete, war Grete Reiners altertümliche, veraltete Sprache und das groteske ‚Böhmakeln‘. Ein Deutsch, dass die Tschechen damals zu Zeiten der Doppelmonarchie sprachen. Das Lesepublikum empfand diese Sprache als lustig und komisch. Dieses ‚Böhmakeln‘ entsprach jedoch nicht dem Originaltext. Denn im Buch sprechen die Tschechen eine normale Umgangssprache.“
Antonín Brousek ist eigentlich Richter und lebt seit vielen Jahren in Berlin, 2012 entschloss er sich jedoch spontan, den Roman aus dem Tschechischen neu zu übersetzen. In seiner Fassung entstanden aus dem braven Soldaten Schwejk „Die Abenteuer des guten Soldaten Švejk im Weltkrieg“. Brousek wollte eine originaltreue Fassung schaffen:„Grete Reiner schuf mit ihrer Übersetzung eine Art k. u. k. Komödie, die dem Werk die Modernität nahm. Ich habe mich einfach bemüht, das Buch genauso lesbar und unterhaltsam zu gestalten wie im Original, ohne dass es zu gesellschaftlich-folkloristischen Anwandlungen kommt. Mir war es wichtig, eine einfache Übersetzung zu schaffen, die modern genug ist, ohne das Alte zu leugnen. Das heißt, ich habe mich bemüht, das Umgangs-Tschechisch der Originalfassung in ein Umgangs-Deutsch zu übertragen. Ich habe also versucht, ohne viele Veränderungen vorzunehmen, den Roman eins zu eins in eine zeitgemäße Sprache zu transponieren. Ich denke, diese Übersetzung könnte länger überdauern als Grete Reiners Fassung, denn die ihrige war schon bei der Erscheinung veraltet.“
Antonín Brousek hat versucht sich von Reiners Übersetzung zu lösen, um möglichst nah am zeitlosen Roman Hašeks zu bleiben. Auch wenn die deutsche Neufassung hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg erscheint, sieht Brousek in diesem Werk mehr als einen Antikriegsroman:
„Für mich ist der ‚Schwejk‘ ein zeitloses Buch, das auch noch in 200 Jahren aktuell sein wird. 100 Jahre Erster Weltkrieg ist jedoch ein wichtiges Datum. Ich glaube, es ist wichtig, dass das Buch jetzt gelesen wird. Auch wenn es kein wirklicher Antikriegsroman ist, kann man die Geschehnisse des Krieges trotzdem unglaublich gut nachvollziehen.“