Vom Konzertflügel zur Piano-Bar: Klaviermuseum Petrof
Sie erklingen in Konzertsälen, Rundfunkstudios und Opernhäusern auf der ganzen Welt: Klaviere der Marke Petrof. Die Firma aus dem ostböhmischen Hradec Králové / Königgrätz wird kommendes Jahr ihren 150. Gründungstag begehen. In der vergangenen Ausgabe von „Reiseland Tschechien“ haben wir Sie in das neu eröffnete Museum Petrof eingeladen und versprochen, die Führung durch das Klaviermuseum fortzusetzen.
Auch wenn es sich um historische Flügel handelt, sind alle ausgestellten Musikinstrumente in einem sehr guten Zustand. Die Besucher können sich ans Klavier setzen, sagt die Museumsleiterin.
„Wenn jemand Lust hat, kann er die Instrumente ausprobieren. Die ältesten Klaviere sind echte Schmuckstücke. Sie sind nicht nur mit verzierten Notenhaltern, sondern auch mit Kerzenständern ausgestattet. Wertvoll ist beispielsweise dieser Flügel, auf dem der Name Josef Petrof steht. Das Klavier wurde 1882 von Josef, dem Bruder des Firmengründers gebaut. Er hatte in Hradec Králové im heutigen Stadtteil Kukleny eine kleine Werkstatt, in der er nur fünf oder sechs Musikinstrumente gebaut hat.“
Unter den ausgestellten Musikinstrumenten befinden sich nicht nur Exponate mit ausgefallenem Design, sondern auch Klaviere mit einer interessanten Geschichte. Zu ihnen gehöre das so genannte „florentinische“ Klavier, sagt Vít Prousek. Er führt die Besucher durch das Museum:„Im Jahre 1937 wurden hier drei so genannte ´florentinische´ Klavierflügel gebaut. Das ausgestellte Musikinstrument hatte ein bewegtes Schicksal mit einem Happy End. Von den drei florentinischen Flügeln wurde einer in die Niederlande verkauft, der andere ging nach Berlin und der dritte nach Mladá Boleslav. Die Klaviere in Holland und in Berlin wurden während des Kriegs bei Bombardierungen zerstört. Aber auch die Škoda-Werke in Mladá Boleslav wurden damals bombardiert. In unmittelbarer Nähe der Fabrik stand das Haus, in dem sich der dritte florentinische Klavierflügel befand. Zum Glück blieb er unverschont, und man kann ihn heutzutage im Museum bewundern. Auf dem Deckel des Flügels ist ein kleines Schild mit einem weißen Löwen angebracht. Dies war ein Gütezeichen, mit dem in der Ersten Republik die besten tschechoslowakischen Produkte versehen wurden.“
Mit einem solchen kleinen Löwen soll auch der Deckel des Flügels geschmückt werden, der anlässlich des bevorstehenden 150. Jubiläums der Firma Petrof gebaut wird.Viele Kunden haben Vít Prousek zufolge ihre Musikinstrumente mit einem speziellen Design bestellt, damit sie in ein bestimmtes Interieur passen. Im Museum sind darum Klavierflügel zu sehen, die im Rokoko- oder Barockstil gestaltet wurden. Auch Pianinos wurden in verschiedenen Größen und Ausführungen gebaut. Das kleinste Pianino im Museumssaal heißt Junior. Es wurde 1972 für die jüngsten Klavierspieler gebaut. Das Instrument hat nur fünf Oktaven. Es gab aber auch Pianinos, in denen Fächer für die Noten eingebaut waren. Ein derartiges Pianino stand in den 1930er Jahren im Musikladen von Ladislav Hnyk in Hradec Králové, sagt Vít Prousek:
„Nachdem 1948 das Unternehmen der Familie Petrof verstaatlicht worden war, wollte Herr Hnyk das Pianino vor der Verstaatlichung retten - und hat es den Petrofs abgekauft. Bald darauf wurde jedoch auch sein Musikladen verstaatlicht. Die Familie Hnyk behielt das Pianino deswegen zu Hause. Hnyks Tochter Zdenka lernte auf darauf Klavier spielen. In einem in dem Pianino eingebauten Schrank befindet sich noch heute Zdenkas Notenmappe aus den 1930er Jahren.“Im Salon mit Pianinos zieht ein Musikautomat, das so genannte Polyphon, die Aufmerksamkeit der Besucher an.
„Diese Spieluhr haben wir aus dem Technik-Museum in Brünn geliehen. Das Gerät war ein Vorgänger des Plattenspielers. Spieluhren wurden von der Firma Petrof jedoch nur zu Werbezwecken hergestellt. Die kleinsten von ihnen waren nur so groß wie eine Ansichtskarte, die größten so groß wie ein Kleiderschrank.“
Vít Prousek zieht die Spieluhr auf, und schon erklingt Musik.Aus dem Salon mit Pianinos geht es wieder in den großen Museumssaal zurück. Ein einzigartiger Klavierflügel steht gleich am Museumseingang. Von den anderen Konzertflügeln unterscheidet er sich durch die Barhocker, die an beiden Seiten des Klaviers stehen. Vít Prousek:
„Dies ist die so genannte Piano-Bar. Wenn Geschäfte abgeschlossen werden, ist es manchmal passend, die Einzelheiten des Verkaufs und des Transports eines Klaviers mit dem Manager bei einem Gläschen zu besprechen. Zu diesem Zweck, aber nicht nur zu diesem Zweck, wurde die Piano-Bar geschaffen. Das Nützliche wurde in diesem Instrument mit dem Angenehmen verbunden. Der Künstler spielt Klavier, und man kann um das Klavier herum auf den Barhockern sitzen und dabei auch in den offenen Flügel schauen. Diese Piano-Bar ist eine Rarität. Es wurden nur ein paar Exemplare gebaut. Beim ersten davon hatte das Klavier sogar einen Deckel aus Plexiglas. Das heißt, selbst wenn der Deckel geschlossen war, konnte man die Saiten sehen.“
Die Wand hinter der Piano-Bar ist mit historischen Plakaten geschmückt. Sie alle werben für die Produkte der Firma Petrof. Die Plakate seien eine Seltenheit, sagt Vít Prousek.„Die Plakate hat es in dieser Form nie gegeben. Das Museum hat sie durch das Scannen von kleinen Glasreklamebildern geschaffen. Diese Glasreklamen sind vom Stadtarchiv ausgeliehen worden. Diese kleinen Glasbilder wurden in den 1930er Jahren in einen Projektor gesteckt und in den Kinos vor der Filmvorstellung auf die Leinwand projiziert.“
Das Museum der Firma Petrof ist jeden Dienstag und Donnerstag sowie am Samstag in ungeraden Kalenderwochen geöffnet, und zwar von 9 bis 16 Uhr. Es ist auch möglich, sich den Klavierbau direkt in der Fabrik anzuschauen. Dafür ist jedoch eine Voranmeldung notwendig.