Vor 20 Jahren erschien erstmals die Samisdat-Zeitung „Lidové noviny“
In der kommunistischen Ära, die in der Tschechoslowakei mehr als 40 Jahre dauerte, wurde die Pressefreiheit unterdrückt. Außer den offiziellen Blättern durfte keine Zeitung erscheinen. Das hat jedoch die tschechischen Dissidenten und Intellektuellen nicht davon abgehalten, eine eigene und kritische Zeitung herauszubringen. Im Samizdat-Verfahren erschien die „Lidové noviny“, auf Deutsch „Volkszeitung“, erstmals genau vor 20 Jahren, im Januar 1988, also ein Jahr vor der Samtenen Revolution.
Aber dann besetzten im August die Warschauer-Pakt-Truppen die Tschechoslowakei. Und das bedeutete auch das Ende für den ambitionierten Zeitungs-Plan. Unter der ständigen Bespitzelung durch die staatlichen Organe war es fast unmöglich, ein so großes Projekt illegal wieder zu beleben. Es mussten zwanzig Jahre vergehen, bis die erste Nummer „Lidove noviny“ erscheinen konnte.
„Die oppositionelle Bewegung gegen das kommunistische Regime war auf einmal dermaßen stark, dass ein Bedürfnis einer gedruckten Plattform vorhanden war, die die Leute verbinden konnte – und zwar auf andere Weise, als nur durch persönliche Gespräche“, erklärt der Historiker Jiří Pernes die Gründe, warum die „Lidové noviny“ im Januar 1988 erschien.
„Die Redaktion war im Grunde genommen virtuell. Nach außen hin haben mein Vater Jiří Ruml und Rudolf Zeman die Zeitung repräsentiert. Sie trafen sich meistens bei uns zu Hause und dorthin brachten auch die Journalisten ihre Beiträge“, so der ehemaliger Journalist und Politiker Jiří Ruml.Zu den Korrespondenten der Samisdat-Zeitung gehörte übrigens auch der tschechische Expräsident Vaclav Havel.
Der Name „Lidové noviny“ war nicht zufällig gewählt. So hieß bereits ein Blatt, das 1893 zum ersten Mal erschien und in der Zeit der Ersten Republik zu einer renommierten Tageszeitung wurde. An diese Tradition guten Journalismus´ wollte man Ende der 80er Jahre wieder anknüpfen. Mit der früheren „Lidové noviny“, deren Tätigkeit zum Schluss des Zweiten Weltkrieges vorübergehend und 1952 durch die Kommunisten dann endgültig eingestellt wurde, waren vor allem die Namen Karel Čapek und Ferdinand Peroutka verbunden.