Zeitung mit Geschichte: Vor 130 Jahren erschien die erste Ausgabe der Lidové noviny

Die erste Ausgabe der Lidové noviny

Die Brüder Čapek, Karel Poláček, Rudolf Těsnohlídek und Ferdinand Peroutka – das sind nur einige der Persönlichkeiten, die der Zeitung Lidové noviny vor allem in der Zwischenkriegszeit zu ihrem Ruhm verholfen haben.

Von Anfang an stand die Lidové noviny in Verbindung mit der Familie Stránský – genauer mit dem späteren Reichsrats-Abgeordneten Adolf und seinem Sohn Jaroslav, der Eigentümer der Brünner Druckerei Polygrafia war. In Brno / Brünn wurde dann am 16. Dezember 1893 auch die erste Ausgabe der Zeitung veröffentlicht. Wie andere Publikationen der damaligen Zeit erschien das Blatt in einer Morgen- und einer Abendausgabe. Mitte der 1920er Jahre wurde eine zweite Redaktion in Prag gegründet, wodurch sich die lokale Tageszeitung zu einem einflussreichen Medium in der tschechoslowakischen Hauptstadt weiterentwickelte. Die beiden Ableger der Zeitung arbeiteten damals weitestgehend getrennt voneinander.

Tomáš Garrigue Masaryk | Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks

Die Lidové noviny profilierte sich als liberale Zeitung mit einer gewissen Nähe zur Prager Burg. So veröffentlichen etwa die beiden Präsidenten Tomáš Garrigue Masaryk und Edvard Beneš regelmäßig ihre Artikel in dem Blatt – üblicherweise jedoch unter einem Pseudonym.

Der Redaktion gehörten zahlreiche herausragende Journalisten an. Dadurch hatte die Zeitung einen entscheidenden Einfluss auf die Medienlandschaft der Zwischenkriegszeit.

Lidové noviny mit einem Artikel von Karel Čapek,  1925 | Foto: Archiv von Lidové noviny

Opfer der Zensur im Kommunismus

Lidové noviny mit einer politischen Karikatur,  1935 | Foto: Archiv von Lidové noviny

Nach 1945 leitete zunächst der Journalist und Publizist Ferdinand Peroutka die Lidové noviny. Nach dem Februar 1948 änderte sich jedoch nicht nur die Besetzung des Chefsessels, sondern aufgrund der kommunistischen Zensur auch der Inhalt des Blattes, das in der Folge immer mehr Leser verlor. Deswegen wurde 1952 schließlich die Redaktion geschlossen. Bemühungen um eine Erneuerung der Zeitung gab es während des Prager Frühlings im Jahr 1968. Die Panzer des Warschauer Paktes, die in Prag einrollten, schoben der Meinungsfreiheit jedoch erneut einen Riegel vor.

Ferdinand Peroutka | Foto: ČT24

Unabhängiges Medium nach 1990

Jiří Dienstbier | Foto: Jarmila Johnová,  Tschechische Akademie der Wissenschaften

Zur Erneuerung des Blattes kam es schließlich Ende der 1980er Jahre. 1987 nahm die Redaktion wieder ihre Tätigkeit auf. Für die Lidové noviny schrieben nun zahlreiche Dissidenten, etwa Jiří Dienstbier, Ludvík Vaculík und Václav Havel. Legal durfte die Zeitung jedoch nach wie vor nicht erscheinen. Eine Änderung brachte schließlich erst die Samtene Revolution von 1989.

Seit dem Frühjahr 1990 erscheint die Publikation wieder als Tageszeitung – und so ist sie bis heute an den Kiosken und in den Buchläden in Tschechien zu kaufen. So wie alle Druckmedien hat aber auch die Lidové noviny in letzter Zeit mit einem starken Leserschwund zu kämpfen.

Václav Havel bei der Demonstration der Opposition auf dem Škroup-Platz  (Škroupovo náměstí) in Žižkov. | Foto: Paměť národa

Die Besitzverhältnisse des Blattes haben sich seit der Revolution mehrfach geändert. Bis 2013 gehörte die Zeitung zur Rheinische Post Mediengruppe. Anschließend war sie Teil des Medienunternehmens Mafra von Ex-Premier und Milliardär Andrej Babiš (Ano). Im September wurde bekannt, dass Mafra an einen Konzern des Unternehmers Karel Pražák verkauft werden soll. Der Deal ist aktuell aber noch nicht abgeschlossen, denn das Kartellamt muss noch seine Zustimmung geben.

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