„Die Politiker sehen Journalisten nicht als Partner“ – Diskussion über Lage der Medien in Tschechien

Der Tschechische Rundfunk ist erstaunliche 100 Jahre alt geworden. Doch wie ist die Lage der Medien in Tschechien? Und welche Rolle nehmen sie ein? Darüber diskutieren bei uns im Studio: Zuzana Lizcová, Journalistin und Leiterin des Lehrstuhls für deutsche und österreichische Studien an der Prager Karlsuniversität, sowie der Journalist Robert Schuster, der bei der Tageszeitung „Lidové noviny“ das Außenressort leitet.

Zuzana Lizcová und Robert Schuster | Foto: Barbora Navrátilová,  Radio Prague International

Die Medienlandschaft in Tschechien zeichnet sich durch mehrere Trends aus, dazu gehört vor allem der zunehmende Einfluss einiger weniger Medienhäusern im Besitz reicher Unternehmer. Ein weiteres Merkmal ist die starke Stellung öffentlich-rechtlicher Medien, die aber beständig von Politikern unter Druck gesetzt werden. Besonders laut sind dabei populistische Politiker. Doch Zuzana Lizcová sagt:

„Ich glaube, das Problem reicht über die populistischen Parteien hinaus. Derzeit ist eine durchaus demokratische Regierung in Tschechien an der Macht, aber sie verhält sich den Medien gegenüber nicht gerade unterstützend. Schon seit langem nehmen die Politiker die Journalisten nicht als Partner und Bestandteil der demokratischen Gesellschaft wahr, sondern als Feinde oder Konkurrenten.“

Auch Robert Schuster spricht von einem Dauerbeschuss der Öffentlich-Rechtlichen, zu denen der Tschechische Rundfunk gehört. Zugleich betont er, dass dies längst noch nicht die Ausmaße habe wie in Polen oder Ungarn, also weiteren Ländern in Mittel- und Osteuropa.

Im Ranking von Reporter ohne Grenzen, in dem die Freiheit der Medien weltweit bewertet wird, hat Tschechien außerdem innerhalb von zwei Jahren 26 Plätze gutgemacht. Und zwar vor allem weil Andrej Babiš (Partei Ano) nicht mehr tschechischer Premier ist, sondern nun in der Opposition Politik macht. Babiš hat den Konzern Agrofert gegründet, der eines der größten Medienhäuser im Land besitzt, die Mafra. Wie lässt sich das Ranking also lesen?

„Diese Rankings sind natürlich gut, aber man sollte sie nicht überbewerten und muss den Kontext sehen. Im aktuellsten Ranking ist Deutschland ein paar Plätze schlechter geworden. Dabei habe ich nicht das Gefühl, dass sich innerhalb eines Jahres die Medienlandschaft oder die Pressefreiheit dort verschlechtert hätte. Daher nehme ich die 20 Plätze für Tschechien nicht ganz so ernst“, sagt Robert Schuster.

Zugleich betont er mit Blick nicht nur auf Babiš, sondern etwa auch auf den ehemaligen tschechischen Außenminister Karel Schwarzenberg (Top 09), dass Medienunternehmer und Politiker in einer Person zu sein, einfach nicht gehe.

Ein weiterer Trend in der tschechischen Medienlandschaft ist die Gründung von kleinen, unabhängigen Internet-Zeitungen als Reaktion auf die zunehmende Oligarchisierung des Marktes. Zuzana Lizcová hält diese neuen Projekte für eine Bereicherung, weist aber auch auf ihre geringe Leserschaft hin. Deswegen fordert sie vom Staat eine Unterstützung solcher Medien. Robert Schuster ist da jedoch skeptisch:

„In einigen Ländern gibt es das Modell der Presseförderung, so auch in Österreich. Das läuft aber nicht optimal – und zwar in dem Sinne, dass man hinter der Presseförderung auch sehr viel direkte Einflussnahme verstecken kann.“

Zuzana Lizcová betont jedoch, es gebe auch andere Modelle, die gut liefen. Und an diesen könnte sich die tschechische Politik ein Beispiel nehmen.

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