Vor 70 Jahren: Komponisten Haas, Krása und Ullmann starben in Auschwitz

Hans Krása

Die Musik, das Theater und die Kunst hatten für die Häftlinge im Ghetto Terezín / Theresienstadt während der Nazi-Zeit eine besondere Bedeutung. Unter den zahlreichen Künstlern waren dort auch viele jüdische Komponisten aus der Tschechoslowakei interniert, die heutesie als so genannte Theresienstädter Komponisten bezeichnet werden. Sie schufen im Ghetto einige ihrer wichtigsten Werke und organisierten das musikalische Leben in der Gefangenschaft. Die bestürzenden Ereignisse vor genau 70 Jahren beendeten diese Aktivitäten.

Auschwitz  (Foto: Barbora Kmentová)
Zwischen dem 28. September und 28. Oktober 1944 schickten die Nazis mehr als 18.000 Häftlinge in elf Transporten aus Theresienstadt nach Auschwitz. Dabei markierte der Transport vom 16. Oktober 1944 den größten Einschnitt in das kulturelle Leben von Theresienstadt. Viele Künstler stiegen an jenem Tag in die Eisenbahnwaggons: Unter ihnen waren auch die Komponisten Hans Krása, Pavel Haas und Viktor Ullman, die unmittelbar nach der Ankunft in Auschwitz ermordet wurden.


Zu den künstlerisch reifsten Komponisten in Theresienstadt zählte Viktor Ullmann. Er wurde 1898 in Těšín / Teschen geboren. Seine Jugend verlebte er in Wien, dort gehörte er zum Schülerkreis von Arnold Schönberg. Seit 1919 war er in Prag tätig, studierte bei Alois Hába, bewunderte aber vor allem das Schaffen von Gustav Mahler. Im September 1942 kam Ullmann nach Theresienstadt. Im Laufe von zwei Jahren komponierte er dort über zwanzig Musikwerke. Eine der revolutionärsten Kompositionen aus dem Ghetto ist die einaktige Oper „Der Kaiser von Atlantis“ zum Libretto seines Mithäftlings Petr Kien. Des Weiteren entstanden auch drei Klaviersonaten in Theresienstadt.


Hans Krása wurde als Sohn eines tschechischen Vaters und einer deutsch-jüdischen Mutter 1899 in Prag geboren. Er studierte Klavier und Violine an der deutschen Musikakademie in Prag. Später war er als Korepetitor am Neuen Deutschen Theater tätig. Dort traf er den Komponisten und Dirigenten Alexander Zemlinski, der seine Laufbahn wesentlich beeinflusste. Einen großen Erfolg brachte dem Komponisten Krása die Oper „Verlobung im Traum“, für die er 1933 mit dem Tschechoslowakischen Staatspreis ausgezeichnet wurde. Im August 1942 verschleppten die Nationalsozialisten Krása ins Ghetto Theresienstadt. Dort organisierte er Konzerte und komponierte weitere Werke. Darunter erlangte die Kinderoper Brundibár die größte Beliebtheit und wurde mehr als fünfzigmal aufgeführt. Für die Mitglieder des so genannten Theresienstädter Quartetts komponierte Krása am Anfang des Jahres 1944 das einsätzige Streichertrio namens „Tanz“.


Der tschechisch-jüdische Komponist Pavel Haas wurde 1899 in Brünn geboren. Er studierte bei Leoš Janáček, der seine Musiksprache wesentlich beeinflusste. Krása komponierte Lieder und Klavierwerke, zu seinen bedeutendsten Kompositionen gehören ein Bläserquintett und die Oper „Der Scharlatan“. Nach dem Münchener Abkommen 1938 mehrten sich in Brünn die antisemitistischen Attacken auf den Künstler. Haas versuchte auszureisen, was ihm aber nicht gelang. Seine Erfahrungen aus dieser Zeit spiegeln sich in seiner Suite für Oboe und Klavier wider, die im Herbst 1939 entstand. Dabei handelte es sich ursprünglich wahrscheinlich um eine dreiteilige Kantate mit einem gegen die Okkupation gerichteten Text. Haas arbeitet darin mit Zitaten aus dem bekannten mittelalterlichen Sankt-Wenzel-Choral und dem hussitischen Choral „Ktož sú boží bojovníci“.