Vorhang auf für das Gezapfte: „Tage des tschechischen Biers“ laufen

Fassbier

Die Menschen in Tschechien gehen nicht mehr so häufig in die Kneipe, um dort ihr Bier zu genießen. Das wollen die Brauereien aber ändern. Deswegen stehen die derzeit laufenden „Tage des tschechischen Bieres“ im Zeichen des frisch Gezapften.

Kneipe | Foto: Lenka Žižková,  Radio Prague International

Die Kneipe gehört zur Tradition des tschechischen Biers. Allerdings geht der Konsum des Nationalgetränks hierzulande seit einiger Zeit zurück – und das vor allem als gezapftes Produkt in den Gastbetrieben. Im vergangenen Jahr tranken die Menschen in Tschechien pro Kopf im Schnitt 136 Liter Bier. Nach dem Einbruch in der Corona-Zeit sind dies immer noch sechs Liter weniger als 2019. Dies beunruhigt die Hersteller. Tomáš Slunečko ist Vorsitzender des Verbandes der Brauereien und Mälzereien:

„Für die Hauptsaison in diesem Jahr haben wir noch nicht die kompletten Zahlen vorliegen. Aber bisher sieht es so aus, als müssten wir froh sein, wenn wir die Verkaufswerte aus dem vergangenen Jahr halten können. Die Menschen in Tschechien haben einfach nicht mehr so viel Geld zur Verfügung, das sie für ihre Freizeit ausgeben. Das heißt, sie konsumieren weniger in den Kneipen oder gehen gleich gar nicht mehr dorthin.“

Und so ist es kein Wunder, dass die Brauereien ihre Produktion eingeschränkt haben: Ihr Ausstoß lag 2022 bei rund 20 Millionen Hektoliter Bier und damit um eine Million Hektoliter geringer als noch im Vor-Corona-Jahr 2019.

Bierstube U Pinkasů | Foto: Ondřej Tomšů,  Radio Prague International

Derzeit geht die wichtigste Zeit des Jahres für das Brauereigewerbe zu Ende: die Biergartensaison. Doch diese sei 2023 für die Kneipen und Restaurants nicht sonderlich gut verlaufen, gesteht Luboš Kastler. Er ist Vorstandsmitglied des Verbandes kleiner und mittelständischer Unternehmen in Tschechien.

„Nominell sind die Umsätze im Jahresvergleich um zwei Prozent zurückgegangen, dazu kommen aber durchschnittlich acht Prozent Inflation. Das bedeutet, dass der Rückgang real bei zehn Prozent liegt. Vor allem wird beim Mittagstisch weniger konsumiert, aber auch am Abend. Die Kneipiers können einfach nicht mehr mit dem Konsum zu Hause konkurrieren“, so Kastler.

Illustrationsfoto: Klára Stejskalová,  Radio Prague International

Am meisten leiden darunter die Dorfkneipen. Und dort macht der Bierausschank laut Kastner bis zu 70 Prozent der Einnahmen aus. In Prag sind es hingegen nur rund zehn Prozent des Umsatzes, die so generiert werden.

Doch kleine und große Brauereien versuchen derzeit, den Menschen wieder mehr Durst auf das frisch Gezapfte in den Kneipen zu machen – und zwar im Rahmen der „Tage des tschechischen Bieres“ (Dny českého piva). Dieses Festival hat bereits vergangene Woche begonnen und läuft noch bis zum Sonntag (1. Oktober). Einbezogen sind teils bekannte Brauereien wie Staropramen oder Budvar, aber auch kleinere Hersteller wie etwa Beskydský pivovárek aus Ostravice / Ostrawitz in den Beskiden oder die Bürgerbrauerei aus dem mittelböhmischen Kutná Hora / Kuttenberg (Měšťanský Pivovar Kutná Hora).

Staropramen | Foto: Vigan Hajdari,  Pixabay,  Pixabay License

Sie alle leiden darunter, dass auf die Schließung von Gastbetrieben während der Corona-Zeit auch noch die hohen Inflationsraten gefolgt sind. Das Halbliterglas Bier in der Kneipe kostet dieses Jahr rund acht Prozent mehr als noch 2022. Dies geht aus Informationen des Kassensystemanbieters Dotykačka hervor, der rund 8000 Unternehmen in Tschechien versorgt. Firmensprecherin Věra Kubátová:

„Der halbe Liter Gezapftes kostet derzeit im Schnitt 49 Kronen. Zum Vergleich: Im August 2019 lag der Preis bei 36 Kronen. Das bedeutet einen Anstieg von 35 Prozent innerhalb von vier Jahren.“

49 Kronen entsprechen übrigens rund zwei Euro. Was für deutsche Ohren billig klingt, bedeutet in Tschechien angesichts des niedrigeren Lohnniveaus einen Preisschock. Und in Prag etwa muss man im Schnitt sogar deutlich mehr Geld für das gefüllte Halbliterglas auf den Tresen legen. Doch wer sucht, der findet selbst in der tschechischen Hauptstadt noch Kneipen mit Bierpreisen wie 2019.

Autor: Till Janzer | Quellen: Český rozhlas Plus , ČTK
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