Vorstoß des Umweltministers: Erneuerbare Energiequellen statt Kernkraft und Kohle?

Kernkraftwerk Temelín
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Das tschechische Umweltministerium will den Betrieb von Wind- und Solaranlagen sowie von Wasserkraftwerken für private Investoren interessanter machen. Das so genannte "Gesetz zur Unterstützung erneuerbarer Energiequellen" hat aber auch seine Gegner. Mehr dazu im nun folgenden "Schauplatz" von Gerald Schubert:

Umweltminister Libor Ambrozek  (Foto: Zdenek Valis)
Tschechien hat auf dem Gebiet der Energieerzeugung ein recht schweres Erbe angetreten. Der kommunistischen Planwirtschaft vor 1989 war die Einhaltung ökologischer Standards nicht wirklich ein Anliegen. Davon zeugen unter anderem die riesigen Braunkohlekraftwerke in Nordböhmen und Nordmähren, die beinahe schon zum Sinnbild für Naturzerstörung und Luftverschmutzung geworden sind. In Südböhmen respektive Südmähren, da sind es wiederum die Kernkraftwerke Temelín und Dukovany, die über die Landesgrenzen hinaus wirkliche wie auch vermeintliche Umweltschützer auf den Plan riefen. Hinzu kommt noch, dass Tschechien keine besonders guten geographischen Voraussetzungen für die Nutzung der Wasserkraft hat, und Umstrukturierungen auf dem Energiesektor auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht von heute auf morgen über die Bühne gehen können.

Eher ungünstige Bedingungen also für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen, zu denen neben der erwähnten Wasserkraft vor allem noch Wind- und Sonnenergie zählen. Geht es nach Umweltminister Libor Ambrozek, dann soll daher möglichst bald ein neues Gesetz der umweltfreundlichen Stromerzeugung auf dem heimischen Markt bessere Chancen einräumen:

"Der Ausbau erneuerbarer Energiequellen verringert die Emission von Treibhausgasen, das heißt, wir tragen damit zur Eindämmung des Klimawandels bei. Außerdem sind diese Energiequellen die einzigen in Tschechien, die nie versiegen. Wir haben sie hier direkt im Land, und man muss sie nicht erst importieren, wie das bei konventionellen Energieträgern oft der Fall ist."

Das Gesetz aus der Schmiede des tschechischen Umweltministeriums soll in seinem Bereich eines der modernsten in Europa werden und den Betrieb von Windkraft- und Solaranlagen bzw. kleinen Wasserkraftwerken vor allem für private Investoren schmackhaft machen. Diese könnten dann nämlich aus zwei Modellen dasjenige auswählen, das für sie attraktiver ist: Entweder sie verkaufen ihre umweltfreundlich produzierte Energie zu garantierten Mindestpreisen, und das mit fünfzehnjähriger Stabilitätsgarantie. Oder sie finden selbst Partner am freien Markt, bekommen dort für ihren Strom ein bisschen weniger Geld, dafür aber einen zusätzlichen Öko-Bonus vom Staat. Prinzipielle Unterstützung findet der Gesetzesentwurf auch bei Umweltschützern. Karel Merhaut von der "Liga für ökologische Alternativen" weist dennoch auf den großen Unterschied hin, den es auf diesem Gebiet zwischen Tschechien und beispielsweise Deutschland derzeit gibt. Am Rande der Pressekonferenz, auf der Umweltminister Ambrozek vergangene Woche sein Konzept präsentiert hat, sagte Merhaut gegenüber Radio Prag:

"Gleich hier über die Straße, auf dem Dach der Technischen Hochschule, befindet sich eine Solaranlage mit einer Leistung von 20 Kilowatt. Sie gehört, gemeinsam mit fünf ähnlichen Vorrichtungen auf anderen Hochschulgebäuden, zu den größten Solaranlagen in Tschechien. Solche aber gibt es in Deutschland beinahe auf jeder Scheune. Und bei den stärksten deutschen Solaranlagen misst man die Fläche in Hektar und die Leistung in Megawatt."

Umweltminister Ambrozek kennt dieses Problem natürlich auch. In Tschechien liegt der Anteil der aus erneuerbaren Quellen gewonnenen Energie bei knapp drei Prozent. Bis zum Jahr 2010 sollen es acht Prozent werden - so jedenfalls das Versprechen gegenüber der EU. Bei den deutschen Nachbarn liegt der Anteil bereits jetzt bei etwa zehn Prozent, heißt es im Umweltministerium.

Karel Merhaut  (Foto: Autor)
"Das ist eben genau einer der Gründe, warum wir dieses Gesetz vorlegen. Dessen Hauptaspekt besteht ja darin, in diesem Bereich einen Anreiz für private Investitionen zu schaffen. Die momentan einjährige Garantie für fixe Verkaufspreise ist für die Investoren nicht ausreichend - denn ihre Situation könnte bereits im Jahr darauf ganz anders aussehen. Wenn es uns aber gelingt, ein System mit einer garantierten Preisstabilität von 15 Jahren durchzusetzen, wie es in den meisten europäischen Staaten bereits funktioniert, dann wird es auch Investoren geben, und Banken, die die entsprechenden Kredite finanzieren. Das ist der einzige Weg, um gegenüber Deutschland konkurrenzfähig zu bleiben, aber vor allem, um unseren Verpflichtungen gegenüber der EU nachzukommen. Mit staatlichen Investitionen allein können wir das nicht erreichen."

Soweit Umweltminister Libor Ambrozek. Karel Merhaut von der "Liga für ökologische Alternativen" pflichtet ihm prinzipiell bei:

"Der springende Punkt ist die langfristige Preisstabilität und ein entsprechend günstiges wirtschaftliches Umfeld auf dem Markt mit erneuerbarer Energie. Da gebe ich dem Minister Recht. Es handelt sich dabei um eine grundlegende Voraussetzung, die im Gegensatz zu Deutschland und anderen entwickelten Ländern hierzulande bisher gefehlt hat. Wenn das Gesetz ein solches Umfeld schafft, dann könnte auch Tschechien bei der Sonnenergie und anderen erneuerbaren Energiequellen einen großen Sprung nach vorne machen. Aber trotzdem ist es wahrscheinlich eine Frage von mehreren Generationen, bis auf diesem Gebiet ein Niveau wie etwa in Deutschland erreicht werden kann."


Das vom Umweltministerium geplante "Gesetz zur Unterstützung erneuerbarer Energiequellen" hat allerdings nicht nur den Schönheitsfehler, dass es eben relativ lange dauern würde, bis seine Auswirkungen hierzulande spürbar wären. Zunächst nämlich müsste es erst einmal in Kraft treten. Vor allem im Wirtschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses aber hat es so seine Gegner, wie Minister Ambrozek bedauert:

Martin Bursík,  technischer Berater des Umweltministers  (Foto: Zdenek Valis)
"Ich glaube, den Gegnern des Gesetzes im Parlament wäre es am liebsten, wenn nur die reine Konkurrenz auf dem freien Markt herrschen würde und wir überhaupt keine Form von Energie unterstützten. Sie vergessen aber, dass die Energiepreise bei uns bereits heute deformiert sind. Dass in die Kosten der Energieproduktion, vor allem aus Braunkohle, längst nicht alle Auswirkungen einkalkuliert sind, die der Kohleabbau auf die Umwelt hat. Und dass der Preis daher in Wirklichkeit eigentlich doppelt so hoch sein müsste. Mit anderen Worten: Wenn es wirklich gleiche Bedingungen gäbe, dann müssten wir über eine solche massive Unterstützung gar nicht reden. Aber in einer solchen Situation sind wir eben nicht."

Außerdem, so Ambrozek, wären manche Menschen der Ansicht, dass vor allem Windkraftwerke die Landschaft verunstalten, und dass dies den Beitrag zur Herstellung von umweltfreundlicher Energie nicht aufwiegen könne:

"Besonders engagieren sich hier natürlich Leute, die regelmäßig aus der Stadt in ihre Wochenendhäuser fahren und dann hinter ihrer Hütte nicht den Mast eines Windrades sehen wollen. Ich sehe darin aber eine große Portion Konservativismus."

Denn neben der ökologischen Nachhaltigkeit wird noch ein anderes Argument für die erneuerbaren Energiequellen ins Treffen geführt: Und zwar ihre prinzipiell dezentrale Organisation. Martin Bursík, technischer Berater des Umweltministers:

"Nach dem 11. September 2001 werden erneuerbare Energiequellen auch in sicherheitstechnischer Hinsicht immer mehr favorisiert. Denn sie sind unabhängig vom Hochspannungsnetz, das als Rückgrat der Stromversorgung auch ein theoretisches Angriffsziel für Terroristen darstellt. Dieser Aspekt der Dezentralisierung wird gemeinsam mit dem der Selbstversorgung künftig eine größere Nachfrage in diesem Bereich mit sich bringen. Haushalte und Unternehmen werden mehr Unabhängigkeit wollen und sich den Strom für den Eigenbedarf selbst herstellen."

In den letzten Tagen hat das Umweltministerium für seine Initiative jedenfalls kräftig die Werbetrommel gerührt. Bereits bei der nächsten Sitzung des Abgeordnetenhauses soll der Gesetzesvorschlag auf die Tagesordnung kommen.