Všetečka und Reich – zwei Meister der tschechischen Fotografie für Lebenswerk geehrt

Holešovice 1979' (Foto: Jan Reich)

Viele erinnern sich noch heute an die eindrucksvollen großformatigen Schwarzweiß-Fotografien der tschechischen Hauptstadt von Jiří Všetečka. Vor drei Jahren waren sie auf der Prager Burg zu sehen. Aber nicht nur die Stadt, sondern auch die Bewohner in ihren Beziehungen, in ihren Schicksalsmomenten hat Všetečka mit dem Auslöser verewigt. Der 73-jährige Fotograf wurde am Montag zu „Persönlichkeit der tschechischen Fotografie 2009“ gekürt. Und gemeinsam mit ihm, jedoch „posthum, auch der andere namhafte Repräsentant der tschechischen Fotografie, Jan Reich.

Die Stadt und ihre Menschen unter die Lupe zu nehmen. Das ist wohl der elementarste Grund, der Jiří Všetečka schon vor Jahrzehnten dazu bewogen hat, einen Fotoapparat in die Hand zu nehmen. Im Rahmen eines langjährigen Projektes entstand so auch sein umfassender fotografischer Zyklus, den Všetečka als „Prager Fußgänger“ benannte. Eine Wanderausstellung hat seine Fotos weltweit publik gemacht. Für sein langjähriges Schaffen, inklusive seiner Fotos im Buch „Všenáprava obrazem“, auf Deutsch etwa „Wiedergutmachung durch das Bild“, wurde ihm der Jahrespreis des tschechischen Fotografen-Verbandes sowie der Titel „Persönlichkeit der tschechischen Fotografie 2009“ verliehen. Warum seine Fotos die Texte aus dem Werk des tschechischen Gelehrten Johann Comenius begleiten, erläuterte er bei der Preisverleihung:

„Es sind über ihre Zeit hinaus wirkende Texte. Ihr Autor wollte, dass endlich die Vernunft in unserer Welt die Oberhand gewinnt. Comenius ist mehr als Pädagoge bekannt, denn als Philosoph. Seine Gedanken aber haben auch nach fast 400 Jahren nichts an ihrer Aktualität verloren. Ich wäre sehr froh, wenn sie endlich auch hierzulande zur Geltung kommen würden“.

Die Texte von Johann Comenius begleiten Všetečkas Fotos aus der ganzen Welt. Einige davon stammen auch aus Afrika:

Jiří Všetečka im Kongo  (Foto: www.prazskychodec.info)
„Ich bin sehr froh, dass es mir im vergangenen Jahr gelungen ist, sehr intensiv im Kongo und in Mali zu fotografieren. Es war nicht einfach, dort Fotos zu machen. Daher bin ich froh, dass ich sie in dieses Buch einbringen konnte.“

Wie Jiří Všetečka, so wurde auch Jan Reich mehrmals für den Jahrespreis des Fotografen-Verbandes nominiert. Jetzt hat er ihn postum erhalten. Der namhafte Fotograf ist im November 2009 im Alter von 67 Jahren gestorben. In seiner Hinterlassenschaft, die einen Zeitraum von 50 Jahren intensiver Tätigkeit umfasst, befinden sich unvergessliche Fotobände wie beispielsweise „Das schwindende Prag“ aus den 1970er Jahren, „Bohemia“ oder „Das Haus in der Landschaft“ mit Aufnahmen aus verschiedenen Regionen Tschechiens.

Vieles davon, was Reichs Fotoapparat seinerzeit ins Visier nahm, existiert heute nicht mehr. Auch darin ist - neben dem hohen künstlerischen Niveau seiner schwarzweißen Fotos - Reichs Bedeutung zu sehen. Seine große Vorliebe waren auch Stilllebenmotive, deren Schönheit er auf dem Dachboden, in Rumpelkammern oder den Fluren ländlicher Häuser suchte. Vor vier Jahren sagte er in einem Interview für den Tschechischen Rundfunk:

„Ich war absolut fasziniert von dem schlichten Leben der Menschen auf dem Lande. Im Zimmer waren zumeist nur ein Tisch, ein Bett, ein Ofen sowie ein Kreuz oder die Bibel zu sehen. Das sah oft wie im 19. Jahrhundert aus. Es war mit klar geworden, dass es nicht mehr lange so bleibt und dass eine neue Generation kommt, die dieses Ambiente modernisieren wird. Ich bin froh, dass ich es festgehalten habe. Das ist die eigentliche Aufgabe der Fotografie“.