Wählen oder nicht wählen?
Auch wenn die ganze Welt und so auch Tschechien das Endergebnis der US-Präsidentschaftswahlen mit Spannung erwartet, werden die Sonntagswahlen in die neu gebildeten Landkreisverwaltungen in der Tschechischen Republik ein immer heißeres Thema. Das Interesse der Öffentlichkeit für die Wahlen sowie für die ganze Staatsverwaltungsreform war anfänglich nicht groß, heute ist die Situation von Ort zu Ort verschieden. Im Wahlbezirk Valec des westböhmischen Landkreises Karlsbad wird höchstwahrscheinlich kein Stimmzettel abgegeben werden. Warum, dies erfahren Sie von Dagmar Keberlova.
Bis vor zwei Wochen hat es in Valec und den umliegenden, zu diesem Wahlbezirk gehörenden Ortschaften den Anschein gehabt, dass sich die meisten Wähler an diesem Sonntag zu den Wahlurnen begeben werden. Heute stehen die Namen der meisten Einwohner, also ca.200, unter einer Petition, die zum Boykott der Wahlen auffordert. Die Gemeindevertreter haben sich auch angeschlossen. Der Grund ? Die praktische Ärztin im Ort wird ihre Ordination wahrscheinlich schließen müssen, da sie die für ihr Weiterbestehen notwenige finanzielle Unterstützung der Vereinigung praktischer Ärzte für Praxen in abgelegenen und wenig besiedelten Gebieten wahrscheinlich nicht bekommt, da sie zu wenig Patienten hat. Ihre Vorgängerin hat dasselbe Schicksal vor einem Jahr eingeholt. Da die Schließung der Praxis vor allem für ältere Einwohner, die grösste Bevölkerungsschicht in diesem Wahlbezirk, schwerwiegende Folgen hätte, wollen sie mit dem Boykot der Wahlen ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen.
Die aktuelle Situation 3 Tage vor den Wahlen schilderte Radio Prag gegenüber Frantisek Michel von der Gemeindevertretung Valec:
"Wir bereiten die Wahlen ganz normal vor. Es hängt nun mehr von der freien Entscheidung unserer Bürger ab. Ich habe soeben im Lebensmittelladen nachgesehen und die Petition haben bisher über 200 Menschen unterschrieben und diese werden bestimmt bei den Wahlen nicht erscheinen."
Die Gemeinde verlor Frantisek Michel zufolge bereits das Postamt, jetzt ist die Arztpraxis an der Reihe und dann bleibt ihnen noch die Schule, deren Zukunft alles andere als sicher ist. Hinzukommt noch, dass aus ihrem Wahlbezirk kein Kandidat aufgestellt wurde und sie eine Vernachlässigung ihrer Probleme bei den künftigen Landkreisentscheidungen fürchten. Was wirklich passiert, wenn am Sonntag niemand zur Wahl geht?
"Ja, da bin ich auch gespannt. Das wüsste ich auch gern. Ob wir die einzigen in der Republik sein werden? Wir gehen aber so nicht nur in unserem Interesse vor, sondern im Interesse aller Gemeinden, die mit ähnlichen Problemen kämpfen. Ich glaube, dass das eine Reaktion hervorrufen wird und jemand wird sich darüber Gedanken machen müssen."
Soweit Frantisek Michel von der Gemeindevertretung Valec.