Wählen Tschechen künftig nur noch an einem Tag?
Die geringe Beteiligung an den zurückliegenden Wahlen hat es erneut gezeigt: Das Interesse an Politik sinkt zusehends in Tschechien. Das Innenministerium erwägt nun Änderungen im Wahlablauf. So könnten die Tschechen in Zukunft vielleicht nur einen ganzen Tag anstatt zwei halbe Tage lang über ihr Parlament abstimmen.
„In jedem Fall handelt es sich um die Einführung der Briefwahl. Das heißt, dass man seine Stimme schon vorab abgeben kann. Möglich wäre, dass die Bürger in der Wahlwoche bereits ab Mittwoch abstimmen können, so wie das in Österreich der Fall ist.“
Allerdings ist noch nicht geklärt, welcher denn der tschechische Wahltag werden soll. Da gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Tomio Okamura, Vorsitzender der Rechtsaußen-Partei SPD:
„Ich denke, dass nach dem Beispiel einiger westlicher Staaten gar nicht am Wochenende gewählt werden müsste. Es sollte eher ein Arbeitstag sein, wobei die Wahllokale von morgens bis in die Nacht geöffnet sind. Dann kommen vielleicht auch jene Menschen zu den Urnen, die sonst das schöne Wetter abhält oder die auf ihr Wochenendhaus fahren. Wir wollen, dass die Wahlen maximal demokratisch sind und also auch die absolut meisten Wahlberechtigten an ihnen teilnehmen können.“Die Piratenpartei möchte erst einmal konkretere Vorschläge abwarten. Allerdings hat auch sie in Bezug auf die Wahlen einen Änderungswunsch.
„Wir wollen, dass jeweils an einem konkreten Termin im Jahr gewählt wird. Idealerweise läge dieser im Oktober. Bei der derzeitigen Regelung wechselt das Datum ständig, und manchmal bleibt nach den Ferien nur wenig Zeit für eine ordentliche Wahlkampagne. Vor allem wenn der Stichtag im September liegt. Wir halten eine Regelung wie in Schweden für sinnvoller. Dort gibt es ein festgelegtes Wahlwochenende“, so der Piraten-Abgeordnete Mikuláš Ferjenčík.
Aber nicht alle Politiker sind von eintägigen Wahlen in Tschechien überzeugt. Marek Benda ist Vorsitzender des verfassungsrechtlichen Ausschusses im Abgeordnetenhaus. Der konservative Bürgerdemokrat sagt:„Da entsteht dann ein großes Problem. Diejenigen, die Schicht arbeiten, werden kaum eine Chance haben, ihrer Bürgerpflicht nachzukommen. Das betrifft etwa Ärzte oder andere Berufe, bei denen längere Schichten normal sind.“
Auf jeden Fall wollen die meisten Parteien einen breiten Konsens über die Änderungen. Das betrifft auch die Wahlen zum Senat. Dieser gilt der Verfassung nach zwar als das Oberhaus des Parlaments, doch hat er im Gesetzgebungsprozess eine geringere Bedeutung als das Abgeordnetenhaus. Zudem wird alle zwei Jahre nur ein Drittel der 81 Sitze neu bestimmt. Und: Wegen des Mehrheitswahlrechts wird in zwei Runden über die Senatoren entschieden.
All dies sind wohl Gründe, warum die Wahlbeteiligung häufig erschreckend niedrig liegt. In diesem Jahr gingen keine 17 Prozent der Wahlberechtigten zur Stichwahl zum Senat. Deswegen sagt der kommunistische Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Pavel Kováčik:„Zum Beispiel könnte man die Wahlen zum Senat nur in einer Runde abhalten. So ließe sich der Urnengang attraktiver machen. Eine höhere Wahlbeteiligung würde vielleicht dann auch das Mandat der Senatoren stärken.“
Das Innenministerium hat nun alle Parlamentsparteien eingeladen, über mögliche Änderungen zu diskutieren. Frühestens 2021 bei den Parlamentswahlen könnten die Tschechen dann nach neuen Regeln abstimmen.