Wagners Autobiografie erschien zum ersten Mal in Tschechisch

„Richard Wagner war ein glänzender Erzähler und seine Memoiren sind auch humorvoll, “ sagt Vlasta Reittererová. Die Musikexpertin hat Wagners Autobiografie übersetzt. Zum ersten Mal ist Wagners Buch „Mein Leben“ auf Tschechisch erschienen.

Das Memoirenbuch schildert das Leben des Komponisten bis 1865, als er begann, seine Erinnerungen seiner späteren zweiten Frau Cosima Bülow zu diktieren. Reittererová zufolge ist die Autobiografie natürlich sehr subjektiv. Deswegen nahm sie mehrere deutsche Ausgaben zur Hilfe und ergänzte den Text des Komponisten durch Sach-Informationen, eine Liste von Wagners literarischen Arbeiten sowie eine Aufzählung der wichtigsten Aufführungen von Wagners Opern. Die Übersetzung von Wagners Autobiografie initiierte das Prager Nationaltheater vor zwei Jahren, als das Opernhaus Wagners Nibelungenring aufführte. Wer Wagners Libretti kennt, kann sich gut vorstellen, dass es gar nicht einfach sein musste, ein Buch von Wagner zu übersetzen. Vlasta Reittererová macht zudem auf die Länge des Werks aufmerksam:

“Es sind ungefähr 900 Seiten und da ist es nicht gerade einfach, eine Linie in der Sprache und der Kontinuität des Textes beizubehalten. Aber sonst war es für mich immer sehr interessant, wie es weiter gehen wird. Außer der rhetorischen Sprache des 19. Jahrhunderts hatte ich keine besonderen Schwierigkeiten bei der Übersetzungsarbeit.“

Vlasta Reittererová  (rechts) Foto: Autorin
Sie sagten, dass aus dem Buch hervorgeht, dass Wagner auch Sinn für Humor hatte. Können Sie es näher beschreiben?

„Das ist ein Originalhumor. Wagner ist selbstironisch, er ist sehr oft selbst kritisierend. Sehr schön ist vor allem die Schilderung seiner Jugendjahre.“

Kommen in Buch auch seine Beziehung zu Böhmen beziehungsweise die Inspiration durch Böhmen zum Ausdruck?

„Ja, natürlich. Die Aufenthalte in Teplitz, in Marienbad, in Prag und in Pravonín bei Graf Pachta – dies sind alles herrliche Kapitel. Zudem wissen wir sehr wenig darüber. Es gibt praktisch kein tschechisches Buch über Richard Wagner, und ich meine, dass die tschechischen Leser in diesen Kapiteln viel Interessantes erfahren können.“

Was kann ein informierter tschechischer Wagner-Fan oder ein passionierter Opernliebhaber in diesem Buch Neues finden?

„Er kann viel über Wagners Anfänge als Komponist lesen. Wir wissen einiges schon aus den verschiedenen Biografien, aber die Jahre in Magdeburg, in Würzburg, in Riga, in Königsberg sind in diesem Buch sehr ausführlich beschrieben. Und darüber wusste man bei uns praktisch nicht viel.“

Mussten Sie sehr viele Nachschlagewerke bei der Arbeit benutzen?

„Selbstverständlich: Viele Lexika, Biografien, biografische Lexika. Ich musste auch die historischen Werke finden, die er studierte und die er in seinem Buch erwähnt. Denn er nennt beispielsweise nur den Autor, und ich musste danach suchen, um welches Werk es sich höchstwahrscheinlich handelte.“

Können Sie das Buch auch einem Laien empfehlen, der nicht gerade ein Musikexperte ist?

„Bestimmt. Die Memoirenliteratur stellt immer eine Popularisierung der Persönlichkeit dar. Das Buch kann zweifelsohne auch ein Laie lesen.“