Warten bis die Schwester rauskommt

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"Zu spät", ärgere ich mich und platziere mich auf einer der wackeligen Bänke in dem düsteren Gang vor der Praxis meines HNO-Arztes. Neben mir sitzen bereits fünf andere Patienten und warten. Es ist Dienstagmorgen, zwanzig nach sieben. Um halb acht beginnt die Sprechstunde. Eigentlich wollte ich nur kurz beim Doktor vorbeischauen, zu einer letzten Kontrolle nach einer bereits auskurierten Virose, und dann gleich weiter zur Arbeit fahren.

"Zu spät", ärgere ich mich und platziere mich auf einer der wackeligen Bänke in dem düsteren Gang vor der Praxis meines HNO-Arztes. Neben mir sitzen bereits fünf andere Patienten und warten. Es ist Dienstagmorgen, zwanzig nach sieben. Um halb acht beginnt die Sprechstunde. Eigentlich wollte ich nur kurz beim Doktor vorbeischauen, zu einer letzten Kontrolle nach einer bereits auskurierten Virose, und dann gleich weiter zur Arbeit fahren. Wenn ich schon ein bisschen vor halb acht in der Praxis bin, komme ich gleich dran und bin dann pünktlich im Rundfunk, hatte ich gedacht. Eine naive Planung, wie sich herausstellte. An der Tür zur Praxis hängt ein Schild: "Nicht klopfen, die Schwester kommt raus". Wann das sein wird, ob hinter der klinkenlosen Tür überhaupt schon eine Schwester ist - ungewiss. Als Patient kann man darüber nur spekulieren - und warten. Eigentlich will ich nur kurz fragen, ob ich meinen heutigen Termin auf morgen Nachmittag verlegen kann, um jetzt nicht zu spät zur Arbeit zu kommen. Doch ein Sprechzimmer, in dem man von einer Schwester empfangen wird und eine solche Frage hätte klären können, gibt es nicht. In fast keiner tschechischen Praxis. Wer zum Arzt will, setzt sich hin und wartet, egal ob unangemeldet oder mit Termin, ob mit akuten Problemen oder zur Routinekontrolle. Vor der Tür mit der Aufschrift "Warten bis die Schwester kommt", sind alle gleich - unmündig. Warten, Versicherungskarte bereithalten und auf die verschlossene Tür lauern. Jetzt geht sie auf: "Pani Veverkova, prosim", ruft die Schwester. Die Frau rechts neben mir springt auf. Bevor ich mich dazwischen drängeln kann, um meine Frage los zu werden, ist sie mit der Schwester schon wieder hinter der Tür verschwunden. Das kann noch ewig dauern, denke ich, hole schicksalsergeben meine Zeitung aus der Tasche und beginne zu lesen.