Was kommt nach Ende des Mandats? Scheidende EU-Parlamentarier aus Tschechien und ihre Zukunftspläne
Ein Drittel der derzeitigen EU-Parlamentarier aus Tschechien bewerben sich bei den anstehenden Wahlen nicht für ein weiteres Mandat. Doch was kommt für sie nach ihrer Zeit in Straßburg?
Jan Zahradil ist der am längsten gediente Europaabgeordnete aus Tschechien. Der Bürgerdemokrat errang bereits bei der ersten Wahl in das Parlament nach dem Beitritt vor 20 Jahren ein Mandat. Danach wurde er noch dreimal wiedergewählt. Doch jetzt ist für ihn Schluss in Straßburg. Künftig möchte er seine Expertise in Think Tanks einbringen. Zugleich wolle er aber auch weiter in der Politik hierzulande mitmischen, wie der 61-Jährige sagte:
„Ich werde die Entwicklung in der hiesigen politischen Szene aufmerksam verfolgen. Und das vor allem in Bezug auf die Demokratische Bürgerpartei ODS, bei der ich gerne nach den Parlamentswahlen im kommenden Jahr ein Wörtchen mitreden möchte.“
Zahradil gilt nämlich als Kritiker der derzeitigen Regierungskoalition in Tschechien, in der seine ODS die stärkste Kraft ist.
Einige der scheidenden Europaabgeordneten kehren hingegen der Politik den Rücken zu. So wie Stanislav Polčák, der für die Bürgermeisterpartei Stan zwei Legislaturperioden in Straßburg saß:
„Ich bin ohnehin schon lange als Anwalt tätig und habe mich auf Verfassungsrecht und den Schutz geistigen Eigentums spezialisiert. Für mich ist das zwar keine Rückkehr, aber die Möglichkeit, mich nun vollständig wieder meinem eigentlichen Beruf zu widmen.“
Erst einmal genug vom politischen Geschäft hat auch Radka Maxová. Sie zog 2019 für die Partei Ano ins Europaparlament ein, verließ aber die politische Vereinigung des Milliardärs Andrej Babiš anderthalb Jahre später und trat der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten bei.
„Seit 12 oder 13 Jahren bin ich nun schon in der Politik. Aus privaten Gründen habe ich mich entschieden, nicht wieder bei der Europawahl anzutreten. Die Arbeit in der Politik erschöpft einen ziemlich, deswegen möchte ich mich etwas erholen und meine Gedanken ordnen. Letztlich will ich ein wenig Abstand zum politischen Geschäft gewinnen, aber das bedeutet nicht, dass ich aus der Öffentlichkeit verschwinde“, so die 55-jährige ausgebildete Lebensmittelchemikerin.
Eindeutig weiter politisch tätig sein wird hingegen Jiří Pospíšil, der 2014 für die Partei Top 09 ins Europaparlament gewählt wurde und sein Mandat vor fünf Jahren verteidigen konnte. Seit Februar vergangenen Jahres ist Pospíšil in Prag stellvertretender Oberbürgermeister und dabei verantwortlich für den Bereich Kultur, Fremdenverkehr und Denkmalschutz…
„Mein Ziel ist klar: Ich werde in Prag im Magistrat arbeiten. In meiner Funktion verantworte ich eine ganze Reihe an Projekten, die mit der Kultur der Stadt oder dem Tierschutz verbunden sind, und die ich zu Ende bringen will. Das reicht von einer neuen Tierauffangstation bis zum Beginn der Restaurierungsarbeiten am Theater in den Weinbergen“, erläutert Pospíšil.
Insgesamt treten sieben der 21 aktuellen tschechischen EU-Parlamentarier nicht mehr bei den anstehenden Wahlen an. Neben den genannten Abgeordneten sind dies noch der Bürgerdemokrat Evžen Tošenovský und die Ano-Politikerin Martina Dlabajová.
Aber auch Dita Charanzová gehört dazu. Sie hat von den scheidenden Abgeordneten den höchsten Posten in Straßburg inne – sie ist nämlich stellvertretende Parlamentspräsidentin. Seit 2014 vertrat Charanzová die Partei Ano in Straßburg. Mittlerweile kritisiert sie aber ihre Partei gerade für ihre europaskeptische Haltung. Auf einer anderen Wahlliste antreten wollte sie jedoch nicht. Die 49-jährige Pragerin ließ aber wissen, dass sie weiter in der europäischen Politik mitmischen werde – allerdings von Frankreich aus, wo sie mittlerweile mit ihrer Familie lebt.
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