Wehrpflicht in Tschechien wurde vor zehn Jahren abgeschafft

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Am 1. April vor genau zehn Jahren wurden hierzulande die letzten Wehrpflichtigen zur Tschechischen Armee geholt. Es waren 878 junge Männer, die nur noch einen verkürzten Dienst leisteten, denn kurz vor Weihnachten 2004 verließ der letzte Rekrut im Land bereits die Kaserne. Seit Januar 2005 hat Tschechien eine Berufsarmee.

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Die Tschechische Republik ist seit 15 Jahren Mitglied der Nato. Der Beitritt zum Nordatlantischen Bündnis im März 1999 war auch die Voraussetzung für den nächsten Schritt: die Reformierung der Armee. Der Grundgedanke war, die Streitkräfte neu zu strukturieren, ihre Schlagkraft zu potenzieren, und vor allem: die Ausgaben für das Militär zu minimieren. Das führte letztlich zu dem Schluss, die allgemeine Wehrpflicht abzuschaffen. Bei der Umsetzung dieser Entscheidung kam dem Rekruten Jaroslav Grund aus Postoloprty bei Louny / Laun eine ganz besondere Rolle zu:

Karel Kühnl und Jaroslav Grund  (Foto: ČT24)
„Jaroslav Grund ist aus administrativer Sicht der letzte Soldat im Grundwehrdienst in der Geschichte des tschechischen Militärs“, verkündete der damalige Verteidigungsminister Karel Kühnl nach der Vereidigung der Wehrpflichtigen in Rakovník.

Wie seine jungen Mitstreiter diente Grund damals knapp acht Monate in der Flugabwehrraketen-Einheit der Garnison der mittelböhmischen Stadt. Es war eine Zeit, über die er heute sachlich-nüchtern urteilt:

Sandra Grundová  (Foto: ČT24)
„Ich bin damals froh gewesen, als ich die Kaserne für immer verlassen konnte. Ich erinnere mich indes noch öfter an meine Armeezeit, allerdings nur an das Gute, denn das Schlechte vergisst man ziemlich schnell.“

Jaroslav Grund ist inzwischen verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Ehefrau Sandra Grundová hat eine etwas differenzierte Meinung zur einstigen Wehrpflicht:

„Die jungen Burschen werden heute um vieles gebracht. Sie kommen nicht in den Genuss der Männerfreundschaften, die beim Militär geschlossen werden und erlangen auch nicht diese Disziplin, mit der man bei der Armee konfrontiert wurde.“

Petr Pavel  (Foto: ČT24)
Generalleutnant Petr Pavel ist der Befehlshaber des Generalstabs der heutigen Berufsarmee in Tschechien. Die Abschaffung der Wehrpflicht sei für ihn ein logischer Schritt gewesen, so Pavel:

„Uns Tschechen sagt man zu Recht nach, dass wir nicht gern etwas unter Zwang tun. Und wenn es dazu kommt, dann führen wir die Aufgabe nicht gern und mit wenig Einsatz aus.“

Der amtierende Verteidigungsminister Martin Stropnický deutet zudem an, dass zu kommunistischen Zeiten der Ruf der allgemeinen Wehrpflicht beschädigt wurde:

Martin Stropnický  (Foto: ČT24)
„Es hat mich seinerzeit immer schrecklich aufgeregt, wenn behauptet wurde, dass bei der Armee aus Jungen richtige Kerle gemacht werden. In der Realität der kommunistischen Normalisierung hatte ich vielmehr das Gefühl, dass man damals beim Militär eher gelernt hat, sich rauszuhalten und vor vielem zu drücken.“

Auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik gab es fast 140 Jahre lang die Wehrpflicht. Bis zum Jahr 1912 mussten die Soldaten drei Jahre dienen, in der Zeit der Ersten Republik waren es zwei bis zweieinhalb Jahre. Unter den Kommunisten wurde die zweijährige Dienstzeit beibehalten, nach der politischen Wende 1989 wurde sie stufenweise auf bis zu ein Jahr reduziert. Im Dezember 2004 erklang bei der Entlassung der letzten einberufenen Soldaten dann auch das letzte Mal der Schrei „Zivil!“