Weiter Diskussionen über Akten des kommunistischen Geheimdienstes

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Seit Tagen beherrscht die Diskussion um die angebliche Zusammenarbeit zahlreicher prominenter Personen mit dem früheren kommunistischen Militär-Geheimdienst die öffentliche Diskussion. Ende vergangener Woche hatte das Archiv der früheren Staatssicherheitsdienste die Protokolle des Militär-Geheimdienstes veröffentlicht. Seither wird die Liste der angeblichen Geheimdienst-Mitarbeiter immer länger.

Walter Bartoš  (Foto: ČTK)
Die bürgerdemokratischen Abgeordneten Walter Bartoš, Tomáš Hasil und Juraj Raninec sollen vor 1989 ebenso für den kommunistischen Militär-Geheimdienst gearbeitet haben wie ihr sozialdemokratischer Kollege Pavel Ploc und der mittlerweile wegen seiner Unterstützung von Václav Klaus bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl aus der sozialdemokratischen Fraktion ausgeschlossene Evžen Snítilý. Auch der stellvertretende Generalstabschef der tschechischen Armee, Miroslav Bálint und der Vorsitzende des Tschechischen Olympischen Komitees, Milan Jirásek sollen für die kommunistische Staatssicherheit StB, unter deren Dach auch der Militär-Geheimdienst angesiedelt war, gearbeitet haben. Noch sind bei weitem nicht alle Dokumente eingescannt und veröffentlicht.

„Wir haben fast 19 Kilometer Material. Die Mitarbeiter der Digitalisierungs-Abteilung scannen jeden Tag mehrere tausend Seiten ein und machen mit dem maximal möglichen Tempo weiter.“

So Jiří Reichel, der Sprecher des Instituts für das Studium der totalitären Regime am Donnerstagmorgen in einem Interview für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Daher ist anzunehmen, dass die Liste der angeblichen ehemaligen Spitzel noch länger wird.

Die der Zusammenarbeit verdächtigen Persönlichkeiten weisen jede bewusste Kooperation mit dem kommunistischen Geheimdienst zurück. Sie seien ohne ihr Wissen von der Staatssicherheit als Vertrauenspersonen oder Mitarbeiter geführt worden, versichern sie.

„Aus der Akte, die jetzt vorliegt, geht eindeutig hervor, dass ich mit niemandem bewusst zusammengearbeitet habe. Wenn also jemand weiterhin behaupten würde, ich hätte wissentlich mit dem kommunistischen Geheimdienst kooperiert, dann würde ich dagegen gerichtlich vorgehen.“ So der ODS-Abgeordnete Walter Bartoš im Tschechischen Fernsehen.

Dies bestätigt auch der Sprecher des Instituts für Totalitarismus-Studien, Jiří Reichl:

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„Die Tatsache, dass jemand als Vertrauensperson, Kandidat zur geheimen Zusammenarbeit beziehungsweise als Informant oder Agenten-Anwärter geführt wurde, ist kein Grund dafür, ihm kein Lustrations-Zeugnis zu erteilen. Das hat der Verfassungsgerichtshof bereits im Jahr 1992 festgestellt.“

Die so genannten Lustrations-Zeugnisse bestätigen, dass eine bestimmte Person vor 1989 nicht mit den kommunistischen Staatssicherheitsdiensten zusammengearbeitet hat. Sie müssen etwa von Bewerbern um höhere Positionen im öffentlichen Dienst vorgelegt werden. Besonders streng überprüft werden dabei ranghohe Vertreter von Armee oder Polizei.

Ein entscheidender Unterschied liegt in der Funktions-Bezeichnung der in den nun veröffentlichten Akten gelisteten Personen. Während eben die Abgeordneten Walter Bartoš und Tomáš Hasil nur als so genannte „vertrauenswürdige Personen“ geführt wurden, galt der Ex-Sozialdemokrat Evžen Snítilý nach einem Bericht der Tageszeitung „Mladá Fronta Dnes“ als Mitarbeiter bzw. Agent. Diese Personen sollen üblicher Weise von ihrer Zusammenarbeit mit dem Dienst gewusst haben, schreibt das Blatt.

In gewisser Hinsicht ein Spezialfall ist der frühere Skispringer und nunmehrige sozialdemokratische Abgeordnete Pavel Ploc. Auch Ploc wurde nur als Vertrauensperson geführt, seine Akte enthält aber mehr als zehn Aufzeichnung von Auslandsreisen, die Ploc als Sportler häufig unternahm. Ploc verteidigte sich damit, dass der Geheimdienst eben an ihm wegen seiner Reisen in den Westen besonderes Interesse gehabt habe. Aber auch er habe nicht wissentlich mit der Staatssicherheit kooperiert. Mittlerweile verweigere Ploc aber jede weitere Äußerung zu seiner Akte und kommuniziere mit dem Institut zum Studium der totalitären Regime nur noch über seinen Anwalt, so Instituts-Sprecher Reichl.