Weltcup in Prag: Tschechiens Kanuten unterstreichen ihre Teamstärke

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Der Prager Weltcup der Slalom-Kanuten zählt jedes Jahr zu den Saison-Höhepunkten in dieser Sportart. Die zentraleuropäische Lage des Wildwasserkanals an der Moldau lockt stets auch die besten Kanusportler der Nachbarländer Deutschland, Polen und Slowakei in die tschechische Metropole. Und dass gerade die Deutschen und die Slowaken zu den Weltbesten ihres Metiers gehören, haben sie am vergangenen Wochenende ein weiteres Mal unter Beweis gestellt.

Deutschland und die Slowakei gewannen drei der vier Einzelkonkurrenzen, die Slowaken zudem den Wettbewerb im Canadier-Zweier der Männer und die Deutschen noch das Mannschaftsrennen im K1 der Männer. Die tschechischen Gastgeber siegten in den übrigen vier Teamwettbewerben. Doch auch in den Einzel-Disziplinen konnten einige der hiesigen Kanuten überzeugen - allen voran die bereits 46-jährige Štěpánka Hilgertová. In ihrer Spezialdisziplin, dem K1 der Frauen, belegte die zweifache Olympiasiegerin den dritten Platz.

„Das ist ein Podiumsplatz nach einer relativ langen Zeit. Auch wenn ich in den zurückliegenden Jahren stets mit einigen meiner Vorstellungen zufrieden war, hat es oft nicht fürs Podium, sondern maximal zu einem vierten Rang gereicht. So zum Beispiel bei den letzten olympischen Spielen in London“, sagte die Grand Dame des Kanusports zu ihrem Erfolgscomeback.

Štěpánka Hilgertová  (Foto: ČTK)
Gegenüber dem Tschechischen Rundfunk verriet Hilgertová, dass ihr das Training immer noch viel Spaß mache ebenso wie die Möglichkeit, auch mit über 40 Jahren immer noch neue Dinge im Kanuslalom zu erlernen. Auf anspruchsvollen Strecken paddle sie allerdings nicht mehr mit dem höchsten Risiko. Sicher ist das auch einer der Gründe dafür, weshalb Štěpánka Hilgertová vor dem jetzigen Weltcup in Prag zum letzten Mal vor vier Jahren eine Medaille gewann. Umso mehr freute sie sich nun, wieder einmal das Siegerpodest bestiegen zu haben:

Jiří Prskavec  (Foto: ČTK)
„Ich habe mir selbst bestätigt, dass mein sportliches Engagement noch Sinn hat. Auf dem Wasser blamiere ich mich nicht, sondern verstehe es immer noch, um vordere Platzierungen zu kämpfen. Und das bedeutet mir sehr viel.“

Noch einen Platz weiter vorn als Hilgertová rangierte sich der der tschechische Europameister Jiří Prskavec in seiner Disziplin, dem Kajak-Einer der Männer, ein. Hinter dem Deutschen Hannes Aigner landete er auf dem zweiten Rang. Nach dem nur knapp verlorenen Zweikampf mit dem Augsburger lobte er besonders die Anfeuerung durch das heimische Publikum:

„Das hilft einem sehr, es ist etwas ganz Spezielles, wenn einem eine solche Unterstützung zuteil wird. Und wenn einem dann noch ein gutes Rennen gelingt - ein besseres Gefühl habe ich noch nicht erlebt.“



Jessica Fox  (Foto: ČTK)
Ein tolles Gefühl hatte auch seine Landsfrau Kateřina Hošková nach ihrem Rennen im Canadier-Einer der Frauen. Hinter der Australierin Rosalyn Lawrence, aber vor allem gleich sechs Ränge vor deren favorisierter Teamkollegin Jessica Fox belegte sie in ihrem Rennen den zweiten Platz:

„Die Platzierung stufe ich hoch ein, auch wenn ich davon profitiert habe, dass Jessica Fox ein Slalomtor ausgelassen hat. Aber danach fragt später keiner mehr, und dasselbe kann schließlich jedem von uns passieren. Jetzt aber genieße ich es.“

Kateřina Hošková  (Foto: ČTK)
Und das zu Recht, zumal diese Bootsklasse bei den Frauen erst vor vier Jahren eingeführt wurde. Vorher war sie ihnen verwehrt geblieben mit der offiziellen Begründung, dass Frauen durch Canadierfahren körperliche Schäden davontragen würden. Kateřina Hošková, die ihre Karriere im Kajak begonnen hat, gibt zu, dass es viel schwieriger sei, das Boot mit dem Stechpaddel zu beherrschen:

„Das Boot ist viel wackeliger, denn man muss darin knien. Dadurch ist man höher postiert und kann leichter umkippen. Zudem ist man im Boot angeschnallt, was bedeutet, dass man es schwerer hat, sich bei einem Sturz ins Wasser wieder aufzurichten. Und sollte einem die Eskimo-Rolle nicht gelingen, ist es auch verdammt schwer, schnell vom Wasser wieder an die Luft zu kommen.“


Leichtathletik: Tschechien wird nur Zehnter der Team-WM und steigt ab

Leichtathletik-Europacup  (Foto: ČTK)
Der Leichtathletik-Europacup war ein europäischer Pokalwettbewerb, der mit einigen Modifikationen von 1965 bis 2008 ausgetragen wurde. 2009 wurde eine völlige Umgestaltung der einst viel beachteten, in den letzten Jahren aber immer mehr in den Hintergrund geratenen Veranstaltung durchgeführt. Bei der neuen Leichtathletik-Team-Europameisterschaft gibt es eine Superliga mit zwölf Teams sowie weitere drei Ligen mit zwölf, acht beziehungsweise 14 Mannschaften.

Barbora Špotáková  (Foto: ČTK)
Am zurückliegenden Wochenende ermittelten die Top zwölf der Superliga ihren neuen Europameister und die drei Absteiger in die B-Liga. Zu den Teilnehmern der Team-EM gehörte auch die Tschechische Republik, die sich unbedingt unter den besten Neun platzieren wollte. Am ersten Wettkampftag sah es auch so aus, als wenn dieses Vorhaben gelingen könnte. Für ein gutes Punktepolster sorgten vor allem die Siege von Barbora Špotáková im Speerwerfen der Frauen und von Jakub Holuša im 1500-Meter-Lauf der Männer. Nach ihrer einjährigen Babypause hat sich Špotáková in dieser Saison wieder eindrucksvoll zurückgemeldet. Nach jedem ihrer bisherigen Wettkämpfe ging sie als Siegerin vom Platz. In Braunschweig bezwang sie mit sehr guten 65,57 Meter dabei auch die Weltjahresbeste Linda Stahl aus Deutschland:

Linda Stahl  (Foto: Erik van Leeuwen,  GNU Free Documentation License)
„Linda ist eine große Konkurrentin, doch heute war nicht ihr Tag. Darüber darf ich froh sein, denn auch bei mir lief es zunächst nicht gut. Hätte Linda in ihrem ersten Versuch einen weiten Wurf vorgelegt, dann hätte es also auch anders ausgehen können.“

Sehr angetan war die zweifache Olympiasiegerin indes von der erneut sehr fachkundigen Unterstützung des deutschen Publikums:

„Ich trete wirklich gern zu Wettkämpfen in Deutschland an. Zum einen treffe ich hier immer auf starke Gegnerinnen, zum anderen trägt auch das Publikum seinen Teil dazu bei. Man kennt mich hier sehr gut, und wenn mich die Leute sehen, dann zeigen sie auch ihre Freude über meine Anwesenheit. Das deutsche Publikum hat wirklich Ahnung, und das schätze ich sehr.“

Jakub Holuša  (Foto: Miaow Miaow,  Free Domain)
Eine wesentlich andere Erfahrung mit den Leichtathletik-Fans des Nachbarlandes hat jedoch Jakub Holuša gemacht. Beim Finish des 1500-Meter-Laufs wurde er ausgepfiffen, weil viele von ihnen glaubten, dass er den zweitplatzierten Deutschen Homiyu Tesfaye auf der Zielgeraden behindert habe. Das aber sah Holuša zunächst ganz anders:

„Ich wusste nicht, weshalb die Zuschauer pfeifen. Ich dachte, sie würden pfeifen, weil Tesfaye mich angerempelt hätte und er als Deutscher zu Hause nicht gewonnen habe.“

Als Holuša erfuhr, dass die Pfiffe tatsächlich ihm galten, war er enttäuscht vom deutschen Publikum. Vor mehreren Mikrofonen beteuerte er, dass ihn der Deutsche im Schlussspurt nicht vorbeilassen wollte. Er habe sich daher mit den Händen etwas Platz schaffen müssen, um seine größere Endgeschwindigkeit auch ausspielen zu können, sagte der Tscheche. Einen Tag später, als Holuša auch im 3000-Meter-Lauf an den Start ging, musste er sich mit Richard Ringer indes einem anderen Läufer des Gastgeberlandes beugen. Dennoch war der 26-Jährige sehr zufrieden, zumindest als Zweiter die Ziellinie überquert zu haben:

„Natürlich weiß ich, dass ich zur engeren Spitze des tschechischen Teams gehöre, und ich versuche auch, den Erwartungen gerecht zu werden. Ich nehme daher die Last auf mich, möglichst viele Punkte sammeln zu müssen. Genügend Erfahrungen dafür habe ich, denn die Veranstaltung in Braunschweig ist schon mein achter Einsatz beim Europacup beziehungsweise der Team-EM. Ich will den jungen Athleten in der Mannschaft den Druck nehmen und ihnen helfen.“

Die 23 Punkte, die Holuša insgesamt für das tschechische Team geholt hat, reichten jedoch nicht, um den Abstieg zu verhindern. Mit nur dreieinhalb Punkten Rückstand auf die Schweden wurden die Tschechen am Ende Zehnter und müssen im kommenden Jahr in der B-Liga antreten.

Autor: Lothar Martin
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