Wie tschechische Medien über Deutschland berichten: Teil 3. Die Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny

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Liebe Hörerinnen und Hörer, heute wollen wir unsere Mini-Serie über die Berichterstattung der tschechischen Medien über Deutschland mit einem letzten Teil beenden. Bisher haben wir uns mit dem öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen und der Nachrichtenagentur CTK auf zwei Medien konzentriert, die eigene Korrespondenten in Deutschland haben und zudem über eine hohe Reichweite verfügen. Das gilt sowohl im direkten Sinne, wenn man die dominierende Rolle des Fernsehens als Nachrichtenbringer bedenkt, wie auch indirekt, denn schließlich gibt es wohl kein Medium in Tschechien, das ohne die Dienste der Agentur CTK auskommen würde.

Diesmal wollen wir uns mit den tschechischen Printmedien befassen, wo sich zumindest auf den ersten Blick - gerade im Zusammenhang mit Deutschland - eine interessante Perspektive ergibt. Schließlich haben bis auf eine einzige Ausnahme alle überregionalen Titel unter den seriösen Zeitungen, so wie auch das auflagenstärkste Medium bei der regionalen Presse, deutsche Eigentümer.

Bedeutet das also, dass allein schon deshalb die Berichterstattung über Deutschland einen wesentlich breiteren Raum einnimmt? Das fragten wir die Journalistin Zuzana Kleknerova. Frau Kleknerova ist außenpolitische Redakteurin der Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny, die zur deutschen Handelsblatt-Gruppe gehört:

"In unserer Zeitung wird der außenpolitischen Berichterstattung grundsätzlich mehr Raum eingeräumt, als in den Konkurrenzblättern. Das hängt jedoch mit der Konzeption oder Ausrichtung des Blattes zusammen und nicht so sehr mit dem deutschen Eigentümer. Dementsprechend bekommt also auch die Berichterstattung aus Deutschland mehr Platz als anderswo, es wird aber im jeden Fall nicht auf Kosten der anderen außenpolitischen Themen bevorzugt."

Insgesamt würden sich lauf Frau Kleknerova dem Thema Deutschland in der Hospodarske noviny drei bis vier Redakteure widmen. Zwei konzentrieren sich auf den politischen Bereich, die übrigen Kollegen befassen sich ihren Worten zu Folge mit Fragen der Wirtschaftsentwicklung in der Bundesrepublik.

Wird auf Grund der Hauptausrichtung der Hospodarske noviny deshalb auch über die deutsche Politik in erster Linie unter dem Blickwinkel der Entwicklungen in der Wirtschaft berichtet? Dazu meint Frau Kleknerova:

"Ja das ist natürlich eine interessante und gängige Frage, die wir immer beantworten müssen. Obwohl man Hospodarske noviny als "Die Wirtschaftszeitung" übersetzen kann, interessieren wir uns bei weitem nicht nur für Wirtschaft. Der Name sagt eigentlich nur, dass wir, so wie zum Beispiel das deutsche Handelsblatt, einen extra Wirtschaftsteil haben, der sich "Unternehmen und Märkte" nennt, also genauso wie beim Handelsblatt. Das erste Heft von Hospodarske noviny ist jedoch viel politischer, als das deutsche Handelsblatt. Wir machen also eine ganz normale politische Berichterstattung auch was Deutschland angeht."

Die unterschiedliche Größe Tschechiens und Deutschland zeigt sich vielleicht in keinem anderen Bereich stärker, wie bei der Berichterstattung über das jeweils andere Land in den Medien. Während man in tschechischen Zeitungen fast täglich zumindest eine Kurznachricht aus Deutschland findet, ist Tschechien - trotz der gemeinsamen EU-Mitgliedschaft - in den deutschen Zeitungen eher unterrepräsentiert. Das ist an sich nichts Neues. Schließlich zeigten sich die unterschiedlichen Wahrnehmungsperspektiven der Journalisten beider Länder vor allem in der jüngsten Vergangenheit, als in den tschechisch-deutschen Beziehungen fast ausschließlich Fragen der gemeinsamen Vergangenheit dominierten. So passierte es oft, dass die Medien aus Deutschland und Tschechien bei der Beschreibung der einen und derselben Angelegenheit unterschiedliche Sichtweisen und Akzente an den Tag legten.

Wie wichtig werden aber die tschechischen Medien von den deutschen Spitzenpolitikern genommen, wenn diese zum Beispiel um ein Exklusiv-Interview ansuchen? Frau Kleknerova von der Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny fasst ihre persönlichen Erfahrungen in diesem Zusammenhang wie folgt zusammen.

"Das ist sehr unterschiedlich, muss ich sagen. Eine sehr gute Erfahrung hatten wir mit Frau Merkel gemacht. Im November 2004, also nach dem Besuch von Kanzler Schröder in Prag, hat sie sich eine Stunde genommen, um mit unserer Zeitung in Berlin zu sprechen. Mit dem Herrn Bundeskanzler ist das schwieriger, obwohl wir schon zweimal einen Interview-Antrag gestellt haben und zwar immer lange voraus, war er eigentlich immer bereit mit uns höchstens ein schriftliches Interview zu führen. Ein normales Gespräch mit ihm war leider bisher nicht machbar - auch nicht damals, als er nach Prag gekommen ist. Das ist natürlich sehr interessant und unterschiedlich, wenn man das mit Österreich vergleicht. Für den österreichischen Bundeskanzler, oder den luxemburgischen Premierminister Juncker - in Zeit den des luxemburgischen EU-Vorsitzes, war es nämlich kein Problem sich mit uns zu treffen und ein normales großes Interview zu führen. Also Probleme - gerade mit dem Bundeskanzler aus Deutschland - haben wir da schon."

Durch die enge Kooperation mit dem Handelsblatt hat die Hospodarske noviny immer wieder die Möglichkeit den einen oder anderen ihrer Redakteure nach Deutschland zu schicken, damit er dort für längere Zeit als Korrespondent tätig ist. Wie wichtig ist es gerade in Bezug auf Deutschland einen ständigen Berichterstatter vor Ort zu haben?

Hören Sie dazu noch einmal die Journalistin Zuzana Kleknerova von der tschechischen Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny:

"Wir haben leider keinen ständigen Korrespondenten in Berlin. Wir haben eine Kollegin, die beim Handelsblatt in Düsseldorf sitzt und die macht eigentlich nicht die Arbeit, die normalerweise ein Korrespondent für eine Zeitung in Tschechien macht oder machen sollte. Es ist natürlich sehr wichtig, einen Berichterstatter vor Ort zu haben, weil eine Erfahrung vor Ort zu machen, ist tausendmal besser, als vom Spiegel, der FAZ oder der Deutschen Presse-Agentur abzuschreiben."