Wie viele Ukrainer gehen in Tschechien zu weiterführenden Schulen?

Hätte Russland die Ukraine nicht angegriffen, wären sie in ihrem Heimatland weiter zur Schule gegangen. Nun sind Zehntausende ukrainische Jugendliche auch nach Tschechien geflüchtet und stehen vor der Entscheidung, ob sie an einer hiesigen Schule ihren Bildungsweg fortsetzen.

Renata Schejbalová | Foto: ČT24

Nach Schätzungen des tschechischen Bildungsministeriums befinden sich unter den ukrainischen Flüchtlingen hierzulande bis zu 25.000 Schüler höherer Klassenstufen sowie Auszubildende. Bisher sind jedoch nur wenige von ihnen in tschechischen Schulen untergekommen. Die Sprache ist das größte Hindernis. Die Unsicherheit darüber, wann die Jugendlichen in ihre Heimat zurückkehren können, ein weiteres. Die Vorsitzende des Verbandes der Gymnasialdirektoren, Renata Schejbalová, nannte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks noch einen dritten Grund:

„Schüler von weiterführenden Schulen in der Ukraine haben dort noch Online-Unterricht. Ich kenne ein konkretes Beispiel von zwei ukrainischen Schülern, die sich in einem Gymnasium bei Prag anmeldeten. Sie hörten allerdings nach zwei Wochen wieder auf, weil sie am ukrainischen Online-Unterricht teilnehmen müssen.“

Illustrationsfoto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

Vor einer schweren Entscheidung über die nahe Zukunft stehen nun auch die Schüler der abschließenden Grundschulklassen, also der neunten Klassenstufe. Interessierte aus der Ukraine haben hierzulande bis Dienstag Zeit, sich für Schulen mit Abiturabschluss und bis Freitag für Lehrstellen zu bewerben. Denn an diesen weiterführenden Schulen finden im April die Aufnahmeprüfungen statt. Tschechische Schüler müssen dabei einen Test in Tschechisch und einen in Mathematik schreiben. Die Aufnahmeregeln für geflüchtete Schüler aus der Ukraine sind weniger streng. Schejblová ergänzt:

„Es gibt keine Aufnahmequote für Schüler aus der Ukraine. Sie müssen sich zwar genauso wie tschechische Kinder dem Aufnahmeverfahren unterziehen. Allerdings sind sie befreit vom Tschechisch-Test. Das Gesetz legt aber fest, dass sie ein mündliches Gespräch absolvieren müssen, bei dem ihre Sprach-Kenntnisse überprüft werden. Zudem schreiben sie einen Test in Mathematik.“

Gymnasium Nad Štolou in Prag | Foto: Ian Willoughby,  Radio Prague International

Die Bewerber müssen Tschechisch-Kenntnisse auf dem A2-Niveau nachweisen. Die konkreten Kriterien für die mündliche Prüfung werden nicht zentral, sondern von dem jeweiligen Schulleiter bestimmt, sagt Schejbalová. Sie selbst leitet das Gymnasium Nad Štolou in Prag:

„Bei uns schreiben die Bewerber ein kurzes, sehr einfaches Diktat. Dabei geht es nicht um Rechtschreibung, sondern um die Fähigkeit, das Gehörte schriftlich wiederzugeben. Bei der mündlichen Prüfung wird ein einfaches Thema ausgelost, zu dem wir mit ihnen ein Gespräch führen. Und zuletzt müssen sie ein Bild beschreiben.“

Der Nachweis der Tschechisch-Kenntnisse ist laut Schejbalová für viele Interessierte eine unüberwindbare Hürde:

Illustrationsfoto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

„Die Jugendlichen können in der kurzen Zeit einfach nicht so gut Tschechisch lernen. Meiner Meinung nach wäre es besser, wenn sie die Prüfungen im August machen könnten, nachdem sie einen mehrmonatigen Intensivkurs absolviert haben.“

Die Schulleiterin schlägt noch eine Variante vor:

„Wenn sie wirklich in Tschechien bleiben wollen, wäre es für die Schüler meiner Meinung nach besser, sich ein Jahr zurückstufen zu lassen. Das bedeutet, die neunte Klasse hierzulande zu wiederholen, währenddessen gut Tschechisch zu lernen und danach an eine weiterführende Schule zu gehen.“

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