Unterricht für Ukrainer in Tschechien: Integration und Überlastung

Etwa ein Drittel der Kinder aus der Ukraine, die in den vergangenen Monaten Zuflucht in Tschechien fanden, gehen mittlerweile in Tschechien zur Schule. Manche von ihnen nehmen zusätzlich auch noch am ukrainischen Distanzunterricht teil.

Tomáš Zatloukal | Foto: Kateřina Cibulka,  Tschechischer Rundfunk

Die tschechische Schulaufsichtsbehörde hat in den vergangenen Wochen den Unterricht für ukrainische Kinder an den Grundschulen hierzulande analysiert. Zwischen Anfang April und Mitte Mai besuchten daher Inspektoren 70 Prozent jener Schulen, auf die zehn oder mehr ukrainische Kindern gehen. In den meisten dieser Einrichtungen werden die Ukrainer in gemischten Klassen zusammen mit tschechischen Schülern unterrichtet, wurde festgestellt. Zentralschulinspektor Tomáš Zatloukal sagte dazu in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Es hat sich nicht bestätigt, dass selbständige Gruppen ukrainischer Kinder gebildet wurden. Nur in etwa zehn Prozent der tschechischen Schulen wird ausschließlich oder überwiegend getrennt in solchen Gruppen unterrichtet. In allen anderen Fällen verbringen die ukrainischen Kinder die meisten Unterrichtsstunden zusammen mit den tschechischen Schülern.“

Illustrationsfoto: Václav Plecháček,  Tschechischer Rundfunk

Außerdem nehmen 14 Prozent der Geflüchteten zusätzlich am Unterricht teil, den ihre ukrainischen Schulen online anbieten. Zatloukal hält dies aber nicht für ideal:

„Am Vormittag sind sie in der tschechischen Schule, und am Nachmittag schließen sie sich dem Unterricht ihrer ukrainischen Schule an. Dies führt zu einer Überlastung der Kinder und in der Folge zum Fehlen im hiesigen Unterricht. Denn es ist nicht ungewöhnlich, dass Eltern diese Kinder von der Schule abmelden, damit sie ausschließlich am Fernunterricht teilnehmen können.“

Petr Gazdík | Foto:  Regierungsamt der Tschechischen Republik

Bildungsminister Petr Gazdík (Bürgermeisterpartei Stan) verhandelt derzeit mit den ukrainischen Behörden über die Lage. Er möchte erreichen, dass die ukrainische Regierung nicht so stark auf eine Teilnahme der geflüchteten Kinder am Fernunterricht drängt. Ohnehin haben die beiden Bildungsministerien vor zwei Wochen vereinbart, dass die ukrainischen Schulen den Besuch des Unterrichts in Tschechien anerkennen. Das Problem mit dem Doppelunterricht dürfte allerdings in wenigen Tagen ohnehin verschwinden, denn das Schuljahr in der Ukraine endet bereits Ende Mai.

Bei der Analyse wurde auch herausgefunden, dass rund die Hälfte der Bildungseinrichtungen nicht genügend Platz oder zu wenige Lehrer für ukrainische Schüler hat. Sieben Prozent der Grundschulen boten den ukrainischen Kindern überhaupt keinen Tschechisch-Unterricht an, sei es aus personellen oder finanziellen Gründen.

Illustrationsfoto: Václav Plecháček,  Tschechischer Rundfunk

Positiv sieht Zentralinspektor Zatloukal hingegen, dass die Beziehungen zwischen tschechischen und ukrainischen Kindern wohl gut sind. Unter den Eltern überwiegen dem Bericht zufolge diejenigen, die ukrainische Flüchtlinge unterstützen und ihnen Hilfe anbieten.

Wie Bildungsminister Petr Gazdík sagte, werde das Ministerium die gewonnen Daten für weitere Entscheidungen nutzen.

Die Hauptwelle der Integration komme allerdings erst ab 1. September auf die Schulen zu, mahnte er. Dann beginnt nämlich das neue Schuljahr in Tschechien.

Illustrationsfoto: Václav Plecháček,  Tschechischer Rundfunk

Etwa 26.000 ukrainische Flüchtlingskinder besuchten Mitte Mai die hiesigen Grundschulen. Ihre Zahl ist seit Anfang April um zwölf Prozent angestiegen. In den Kindergärten waren es weniger als 4000 Geflüchtete. Im September könnte sich die Gesamtzahl der Kinder aus der Ukraine laut Gazdík auf einen Wert zwischen 50.000 und 150.000 erhöhen. Dies hänge davon ab, wie sich der Krieg in der Ukraine weiter entwickele, so der Minister.

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