Wien: Krimi, Gegenwartskunst und urbane Geheimtipps

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Nach der Sommerpause läuft ein neues Programm im Tschechischen Zentrum in Wien wieder an. Gleich mehrere Lesungen und eine Graphik-Ausstellung stehen unter anderem im September auf dem Programm. Über die Schwerpunkte spricht der Leiter des Zentrums, Martin Krafl.

Herr Krafl, bald wir die neue Kultursaison beginnen und das Programm des tschechischen Zentrums in Wien ist, zumindest Ihnen, schon bekannt. Was können Sie schon verraten? Was bringen Sie nach den Ferien?

„Eigentlich sehr viel. Aber womit man eigentlich anfangen könnte, ist die Wiener Krimi-Nacht 2012. Die findet in diesem Jahr am 18. September statt, und das tschechische Zentrum in Wien ist stolz zum ersten Mal dabei. Und zwar mit dem Wiendebüt des dritten Krimi-Romans von Helena Reich über Kommissar David Anděl und sein Team der Prager Kripo. Tschechien ist auch im dritten Buch der Trilogie Schauplatz der Ermittlungen des sympathischen Kommissars David Anděl, der dieses Mal selbst zum Opfer wird. Dieser Fall ist ein Labyrinth aus Prostitution, Waffenhandel, Uranschmuggel und einem uralten Geheimnis aus der Zeit des Kalten Krieges. Helena Reich wurde 1965 im westböhmischen Bäderdreieck in der Tschechoslowakei geboren und lebt seit Sommer 1969 in Deutschland.“

Sie haben gesagt, sie ist in Tschechien geboren, aber in Deutschland aufgewachsen. Ist sie eine tschechisch- oder deutschsprachige Autorin?

Helena Reich
„Helena Reich ist eine deutschsprachige Autorin, aber interessanterweise, wenn sie gefragt wird, ob sie sich als eine Tschechin oder eine Deutsche fühlt, dann sagt sie immer, dass sie eigentlich zu Tschechien gehört.“

Noch zu der Wiener Krimi-Nacht: Was ist das eigentlich für eine Veranstaltung?

„Es ist eine Veranstaltung, die jedes Jahr stattfindet und die meistens in den Wiener Kaffeehäusern läuft. Eigentlich ist die Idee, den Kaffee mal bei einem spannenden Krimi zu trinken. Und das funktioniert sehr gut. Es ist eine sehr spannende Nacht, die sehr populär geworden ist.“

Eine andere Lesung findet im Rahmen einer anderen Großveranstaltung in Wien statt, nicht der Krimi-Nacht, sondern des Tages des Kaffees am ersten Oktober. Auch da ist die tschechische Literatur vertreten.

„Genau es handelt sich um ein einzigartiges Thema, und zwar Kaffee, und an diesem Tag wird Europa zu Gast in den erweiterten Wohnzimmern der Stadt Wien sein. Das heißt, es wird wieder in den Wiener Kaffeehäusern gelesen. 18 Autoren aus Europa in neun Kaffeehäusern unter Ehrenschutz von Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelleger. Tschechien wird auch vertreten sein, und zwar mit dem Buch ´Das Traumcafé einer Pragerin´ von Lenka Reinerová, also von der preisgekrönten, letzten Deutsch schreibenden Prager Autorin. Auszüge aus ihren Lebensstationen, das Prag der 30er Jahre, das Exil in Frankreich und Mexiko und den Stalinismus der 50er Jahre wird die Theater- und Filmschauspielerin Zdenka Procházková-Hartmann lesen. Sie ist intensiv im österreichisch-tschechischen Kulturaustausch tätig und hatte sehr lange ein Engagement im Burgtheater Wien. Die Lesung ist im Café Schwarzenberg platziert und fängt um 19 Uhr 30 an.“

Wir bleiben noch bei der Sprache. In meiner nächsten Frage geht es aber nicht um die Sprache der Literatur, sondern um „Die Sprache der Lithographie“. Unter diesem Namen findet eine Ausstellung des zeitgenössischen tschechischen Graphikers, Vladimír Suchánek, statt. Eigentlich einer der bedeutendsten Gegenwartskünstler in Tschechien. Wie würden Sie seine Werke charakterisieren? Und was zeigt die Ausstellung in Wien?

Vladimír Suchánek
„Wir freuen uns sehr über diese Ausstellung, weil es sich um Österreichs erste Personale von Vladimír Suchánek handelt. Er wird Anfang nächsten Jahres den 80. Geburtstag feiern, und so haben wir gedacht, dass wir eine Retrospektive zeigen könnten. Vladimír Suchánek nahm an über 300 Gruppenausstellungen teil, darunter die renommierten Graphik-Biennalen in Krakau und Paris. Und seine in sezessionistischer Farb- und Formvielfalt gestalteten phantasievollen Lithographien sind in Sammlungen weltweit vertreten. Unter anderen auch in Albertina Wien, und gerade diese sezessionistischer Farb- und Formvielfalt möchten wir auch in der Galerie des Tschechischen Zentrums zeigen. Für sein Schaffen erhielt Vladimír Suchánek bisher 27 Auszeichnungen. Es freut uns auch sehr, dass wir diese Ausstellung im Rahmen der ORF langen Nacht der Museen in Wien am Samstag, den 6. Oktober zeigen werden. Und zwar von 18 Uhr am Abend, bis 1 Uhr in der Nacht.“

Die Ausstellung von Vladimír Suchánek beginnt am 18. September im Tschechischen Zentrum in der Herrengasse. Dieser Künstler ist aber nicht der einzige Gegenwartskünstler aus Tschechien, der im Herbst in Wien gezeigt wird. Auf der Wiener Messe für zeitgenössische Kunst aus Zentral-, Ost- und Südeuropa werden zwei der Prager Galerien und auch Künstler präsentiert, die sie vertreten. Stimmt das so?

„Ja genau, und zwar von 20. bis zum 23. September. Das Tschechische Zentrum in Wien unterstützt die Ausstellung von zwei der führenden Prager Galerien und zwar hunt kastner artworks and Dvorak Sec Contemporary. hunt kastner artworks sind auf aufsteigende tschechische Künstler und Künstlerinnen spezialisiert und Dvorak Sec Contemorary auf junge Künstler aus Großbritannien, Tschechien und den USA. In Wien werden Werke von Jiří Černický, Milan Houser und Roman Týc gezeigt. Und ebenso wir zum ersten Mal die junge Prager Galerie Drdova mit Werken von Pavla Sceranková und Václav Kopecký bei der Wiener Messe 2012 vertreten sein.“

Soweit also die Tschechische Kunst in Wien im September. Ganz zum Schluss noch ein Hinweis: Am 1. Oktober wird der Internationale Tag der Architektur begangen und in diesem Zusammenhang laden Sie zu einem Spaziergang durch Wien am 29. September ein. Treffpunkt dazu ist am Albertina Platz. Was erwartet die Teilnehmer an diesem Spaziergang?

„Während dieses Spaziergangs wird Architekt Jiří Koten, Organisator der Tschechischen Architekturtage in Wien, den Weg durch das denkmalgeschützte Stadtzentrum weisen. Außerdem haben wir für das Wochenende vom 29. bis 30. September für das Wiener Publikum auch sechs Workshops vorbereitet. Wir möchten die Wiener Bezirke aus verschiedenen Blickwinkeln, wie Stadt barrierefrei oder die Stadt, ein oder kein Spielplatz, zeigen. So werden zum Beispiel Reinfried Blaha oder Christina Schinegger Rollstuhl fahrend bzw. Kinderwagen schiebend herausragende Bauten ohne Hindernisse präsentieren. Und Andrea Kessler und Bernhard Faiss ermuntern Alltägliches wie Laternenmasten, phantasievoll umzufunktionieren. Die Beschreibung der einzelnen Workshops findet man auf unserer Webseite www.tschechischeszentrum.at. Es handelt sich um folgende: Stadt barrierefrei, Territorien, Auf einen Sprung in Wien, Grüne Stadt, die Stadt, ein oder kein Spielplatz und Architektur für verschiedene Geschwindigkeiten. Im Mittelpunkt wird immer die Auseinadersetzung mit herausragender Architektur durch bewusstes Wahrnehmen von räumlichen Qualitäten stehen.“