Wiener Architekturbüro plant Neubau des Brünner Hauptbahnhofs
Bereits im Oktober haben wir Sie über ein Aufsehen erregendes Bauprojekt in der südmährischen Metropole Brno (Brünn) informiert: Der dortige Hauptbahnhof soll um 800 Meter nach Süden wandern, die zentral gelegene, denkmalgeschützte Halle des heutigen Bahnhofs soll künftig einen anderen Verwendungszweck finden. Kürzlich haben sich zwar in einem lokalen Referendum 85 Prozent gegen eine Verlegung des Bahnhofs ausgesprochen, die Wahlbeteiligung war jedoch mit 25 Prozent zu gering, das Ergebnis ist also nicht bindend. Nun gibt es wieder Neuigkeiten aus Brünn: Ein Wiener Architekturbüro hat die Ausschreibung zum Neubau des Bahnhofs gewonnen. Mehr dazu von Gerald Schubert:
Unter 16 Vorschlägen gingen die Architekten Fellerer und Vendl aus Wien als Sieger hervor. Sie werden damit wohl den Auftrag bekommen, in der immerhin zweitgrößten tschechischen Stadt einen neuen Hauptbahnhof zu bauen. Vorausgesetzt, dass Gebietsentscheid, Umweltverträglichkeitsprüfung und Infrastrukturstudie positiv über die Bühne gehen. Im Gespräch mit Radio Prag beschreibt Andreas Fellerer, eine Hälfte des Architektenduos, das Herzstück der schließlich erfolgreichen Idee: Die klassische Bahnhofsarchitektur soll durch eine frei schwebende Spange über der Gleisanlage ersetzt werden:
"Wir haben uns entschieden, nicht eine große Halle zu bauen, wie man sie von Bahnhöfen aus dem 19. Jahrhundert kennt. Diese Hallen bringen zwar räumlich sehr viel, möglicherweise aber nicht, was den Komfort betrifft. Wir haben uns entschieden, Warteräume, Restaurants und kulturelle Maßnahmen in diese Spange hineinzulegen, die wirklich einem Innenraum entspricht und von den einzelnen Bahnsteigen aus erreichbar ist."
Die zahlreichen Gegner einer Verlegung hatten unter anderem damit argumentiert, dass der Bahnhof in seiner jetzigen Lage am Rande des Zentrums direkt an einen Knotenpunkt des öffentlichen Nahverkehrs angebunden ist. Für den Brünner Oberbürgermeister Richard Svoboda schafft der Entwurf von Fellerer und Vendl jedoch ähnliche Voraussetzungen:
"Dieser Vorschlag ist eine ideale Lösung für die örtliche Verkehrsinfrastruktur. Das halte ich für sehr wichtig, damit wir in Brünn künftig einen Knotenpunkt haben, der eine Kombination von verschiedensten Formen des Verkehrs darstellt. Für die Menschen, die in der Umgebung Brünns leben, und für die Brünner selbst."
Sollte das Bauvorhaben realisiert werden, dann wird der Hauptbahnhof nicht mehr ganz so zentral liegen wie jetzt. Für viele Gegner der Verlegung war auch das stets ein wichtiges Argument. Für Andreas Fellerer hingegen spielen die 800 Meter, um die der Bahnhof wandern soll, nur eine untergeordnete Rolle:
"Städte wachsen. Es geht darum, dass diese Stadt sich auch in Richtung des neuen Bahnhofs weiterentwickelt. Ich glaube, dass eine Stadt mit einer Bahntrasse einfach zu Ende ist - man nimmt ihr damit etwas von ihrem Umfeld. Das Gute daran ist nun, dass die Stadt weiter wachsen kann; und es wird damit auch das Zentrum von Brünn ein bisschen größer."
Der Bezug des österreichischen Architekturbüros zu den tschechischen Nachbarn ist übrigens nicht ganz neu. Fellerers langjähriger Partner heißt Jirí Vendl und ist selbst Tscheche.