Wild-West in Tschechien? Parlament liberalisiert Waffengebrauch

Foto: Brett Hondow, Pixabay / CC0 Public Domain

Tschechien lockert die Regeln zum Gebrauch von Schusswaffen. Das Abgeordnetenhaus hat am Mittwoch dazu eine Verfassungsänderung beschlossen. Im Falle eines Terroranschlags soll sich nun jeder waffentragende Bürger selbst verteidigen dürfen, und so zur allgemeinen Sicherheit beitragen.

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„Es ist ein deutliches Zeichen des tschechischen Parlaments, dass es keine Angst hat vor dem eigenen Volk und Bürgern, die eine Waffe haben. Das Gesetz ermöglicht, dass sich die tschechischen Bürger aktiv am Schutz des Staates beteiligen können. Wir bereiten nun noch weitere Gesetzesinitiativen vor, wie zum Beispiel zur Bildung von aktiven Reserven bei Armee und Polizei.“

So kommentierte Innenminister Milan Chovanec sichtlich erleichtert das „Ja“ des Abgeordnetenhauses zu seiner Reform des Waffengesetzes. Kurz zusammengefasst: Mit der Verfassungsnovelle wird tschechischen Waffenbesitzern erlaubt, im Notfall mit ihrer Schusswaffe einzugreifen. Das Innenministerium begründet die Erweiterung des Rechts auf Waffengebrauch mit der verschärften Sicherheitslage in Europa. Man könne so im Falle eines Anschlags wie in Nizza oder Berlin schneller reagieren, und die regulären Sicherheitskräfte würden entlastet. Tschechien werde so aber nicht gleich zu einem Wild-West-Reservat, meint zumindest Innenminister Chovanec:

Milan Chovanec  (Foto: ČTK)
„Kritiker haben im Vorfeld gesagt, dass sich die Bürger nun massenhaft bewaffnen werden, an jeder Ecke Waffen verteilt würden und jeder auf jeden schießen dürfe. Das ist natürlich absoluter Schwachsinn.“

Milan Chovanec musste für die Umsetzung der Gesetzesnovelle eine etwas breitere Koalition eingehen als gewohnt. Unterstützt wurde die Ausweitung des Waffenrechts nämlich auch von den oppositionellen Bürgerdemokraten. Jana Černochová war dabei eine der größten Befürworterinnen:

„Jetzt kommt noch die Abstimmung im Senat. Ich hoffe, die Kollegen unterstützen den Vorschlag des Abgeordnetenhauses mit der nötigen Mehrheit. Sollte das Verfassungsgesetz durchkommen, liegt es an der Regierung, weitere Bestimmungen zu erlassen. Ich denke dabei an eine Regulierung der sogenannten freiwilligen Wehrverbände.“

Pavel Bělobrádek  (Foto: ČTK)
Die mit den Sozialdemokraten regierenden Christdemokraten standen dem Vorschlag von Chovanec hingegen kritisch gegenüber. So zum Beispiel der Chef der Partei, Pavel Bělobrádek:

„Ich bin bezüglich des Gesetzes etwas zurückhaltender. Mir gefällt die Vorstellung nicht, dass sich jetzt rein theoretisch halblegale bewaffnete Verbände organisieren könnten. Dennoch glaube ich nicht, dass das Gesetz an sich so dramatisch ist. Obwohl es natürlich einen Eingriff in die Verfassung darstellt.“

Sein Parteifreund, der Abgeordnete Ivan Gabal, geht indes noch weiter. Er sieht in dem beschlossenen Gesetzestext lediglich eine Retourkutsche gegen die EU und ihre neue schärfere Waffenrichtlinie. Gegen die hat sich Tschechien von Anfang an gewehrt und will im August deswegen sogar vor Gericht ziehen:

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„Die Richtlinie der EU verbietet ausschließlich den Besitz von halbautomatischen Waffen, die bei einigen Terroranschlägen verwendet wurden. Mit der heutigen Abstimmung sind wir leider in der Gesellschaft von einigen südamerikanischen Staaten oder den USA, die ein Recht auf die Verwendung von Waffen in ihrer Verfassung haben. Kein anderer europäischer Staat hat so etwas in seiner Verfassung.“