Wirtschaftsreformen: Gewerkschaften und Arbeitgeber unzufrieden mit den Regierungsplänen

Josef Středula

Die tschechische Regierung hat bereits zwei ihrer Reformprojekte vorgestellt: die Rentenreform und die Steuerreform. In der zweiten Aprilhälfte will die Regierung auch die Sozialpartner anhören. Doch denen schmeckt bereits jetzt einiges nicht an den Reformplänen. Die Gewerkschaften haben sogar eine Kampagne gestartet mit dem Titel „Öffnet die Augen“.

Josef Středula
Insgesamt 80 großflächige Werbetafeln haben die Gewerkschaften im ganzen Land aufstellen lassen. Zu lesen ist dort zum Beispiel: „Den großen Rentenraub bezahlen Sie!“

„Wir wollen der tschechischen Gesellschaft zeigen, dass es Alternativen zu den Regierungsplänen gibt. Zudem Varianten, die positiver sind für Tschechien, den tschechischen Haushalt und die hier lebenden Menschen“, so der Vorsitzende der Metallgewerkschaft, Josef Středula, in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

Am Freitag wurde die Kampagne bei einem Pressetreffen vorgestellt. Der Gewerkschaftsdachverband ČMKOS und seine Mitgliedsverbände richten sich dagegen, dass zur Finanzierung der Rentenreform der reduzierte Mehrwertsteuersatz abgeschafft werden soll. Und die Steuerreform bezeichnen sie als unverantwortlich. Josef Středula:

Foto: Europäische Kommission
„Bezahlt werden soll sie von den Angestellten. Die Reichen, die Firmen und die Selbständigen sollen hingegen weniger belastet werden. Das Finanzministerium schlägt praktisch vor, ein weiteres Loch in den Staatshaushalt zu schlagen, und das in Höhe von 80 Milliarden Kronen im Jahr.“

Gewerkschaftsunabhängige Wirtschaftsanalysten haben in ihren Berechnungen die Warnung der Gewerkschaften sogar bestätigt. Dennoch kommt man im Finanzministerium auf ganz andere Zahlen.

„Der Einfluss der Steuerreform auf die Einnahmequote liegt bei einem Zehntel des Genannten: also nicht 80 Milliarden, sondern sicher nicht mehr als 10 Milliarden“, wie der stellvertretende Finanzminister Ladislav Minčič im Tschechischen Fernsehen sagte.

Ladislav Minčič
80 Milliarden, das sind umgerechnet rund 3,2 Milliarden Euro und 10 Milliarden entsprechen etwa 400 Millionen Euro. Doch auch die angeblichen Nutznießer der Reformen, die Unternehmer, sind unzufrieden. „Reformen ja“, sagt der Vorsitzende der Arbeitgeberverbände, Jan Wiesner, „aber nicht so“:

„Wir sind prinzipiell gegen eine Erhöhung der Steuern. Die Einsparungen müssen vor allem von der Seite der Regierung vorgenommen werden, bei den Verhandlungen der Ministerien.“

Eine Erhöhung des unteren Mehrwertsteuersatzes zur Finanzierung der Rentenreform lehnen also auch die Arbeitgeber ab. Zudem gebe es Defizite in der Kommunikation, merkt Wiesner an. Das sehen die Gewerkschaften auch so. Am 21. April ist ein Treffen der Sozialpartner geplant, bei dem alle Seiten sich austauschen wollen. Für die Gewerkschaften ein Stichtag:

„Was wir gesagt haben, ist eine letzte Warnung an die Regierung. Danach kann es zur Entscheidung über Protestaktionen kommen“, so Středula.

Und dabei könne auch ein Generalstreik als letzter Ausweg nicht ausgeschlossen werden, versichert der Gewerkschafter.