Wochenschau
Recht turbulent ging es in dieser Woche in der tschechischen politischen Landschaft zu. Die Initialzündung dafür ereignete sich bereits am vorangegangenen Freitag, als der für das Amt des tschechischen EU-Kommissars designierte Milos Kuzvart seine Kandidatur zurückgezogen und beinahe im selben Moment Premier Spidla einen Schwächeanfall erlitten hatte.
Eine heftige Debatte der Abgeordneten ging am Dienstag der Abstimmung über ein Gesetz voraus, in dem die Verdienste des zweiten tschechoslowakischen Präsidenten Edvard Benes für den Staat gewürdigt werden. In dem emotionsgeladenen Meinungsaustausch standen zwei Lager gegeneinander, wobei die Trennlinie quer durch das gesamte Parteienspektrum lief. Für das kontroverse Gesetz stimmten die überwiegende Mehrheit der Sozialdemokraten, und bis auf eine Ausnahme paradoxerweise auch alle Kommunisten sowie einige Bürgerdemokraten.
Die Vorsitzenden des tschechischen und des polnischen Parlaments Lubomir Zaoralek und Marek Borowski äußerten bei ihrem Treffen in Prag Beunruhigung über die Entscheidung der meisten EU- Länder, die entgegen früherer Versprechen die Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus neuen EU-Mitgliedsländern beschränken wollen. Beide Politiker forderten die Parlamentspräsidenten der EU-Länder auf, sich gegen die Erhaltung von alten Barrieren und Grenzen einzusetzen.Am Mittwoch hat das Abgeordnetenhaus die Entsendung von 120 Soldaten nach Afghanistan mit großer Mehrheit genehmigt. Ohne die starke Unterstützung der oppositionellen Bürgerdemokraten wäre dies jedoch nicht möglich gewesen, denn ein Teil der sozialdemokratischen Fraktion konnte sich mit der Gesetzesvorlage der Koalitionsregierung nicht identifizieren. Für die tschechische Armee handelt es sich hierbei um die erste direkte Beteiligung an einer Militäroperation seit dem Ende des 2.Weltkrieges.
Am Freitag ist der deutsche Bundesaußenminister Joschka Fischer nach Prag gekommen. Neben der feierlichen Einweihung des neu eröffneten Gebäudes der Deutschen Schule Prag tauschte er sich auch bei Gesprächen mit seinem tschechischen Pendant Cyril Svoboda sowie mit Premier Vladimir Spidla aus. Die Themen waren bilaterale Beziehungen, die bevorstehende EU-Erweiterung und die aktuelle Lage im Irak und in Afghanistan. Weniger harmonisch als bei diesen hohen Unterredungen sah es am Freitag an mehreren Grenzübergängen aus. Dort stellten tschechische Spediteure die Abfertigung der LKWs für den ganzen Tag ein. Sie protestierten damit gegen die vorgesehenen Entlassungen, die in ihrer Branche nach dem EU-Beitritt Tschechiens vorgesehen sind. An einigen Grenzübergängen, wie zum Beispiel auf der deutschen Seite vor dem Grenzübergang Waidhaus-Rozvadov, bildeten sich lange Schlangen von Lastkraftwagen.