„Wohin man schaut, ist es schön“ - Kirche St. Johannes Nepomuk am Felsen

Foto: Martina Schneibergová

Johannes Nepomuk ist wahrscheinlich der weltweit bekannteste Tscheche. Denn Statuen des Brückenheiligen und ihm geweihte Kirchen finden sich nicht nur an vielen Orten Mitteleuropas, sondern vor allem auch in ganz Lateinamerika. In der tschechischen Hauptstadt gibt es dementsprechend gleich mehrere Nepomuk-Kirchen oder -Kapellen. Anlässlich des Festes zu seinem Namenstag, das am 16. Mai begangen wird, führen wir Sie in den folgenden Minuten in die Kirche St. Johannes Nepomuk am Felsen. Die Barockkirche an der Ecke des Karlsplatzes ist ein Versammlungsort der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Prag. Pater Martin Leitgöb leitet die Gemeinde – ein Gespräch mit ihm über Kirche und Gemeinde.

Kirche St. Johann am Felsen  (Foto: Martina Schneibergová)
Pater Leitgöb, wir sind hier in der Kirche St. Johann am Felsen. Ich habe gelesen, dass es an dieser Stelle eine Kapelle sogar bereits in der Zeit gab, als der jetzige heilige Johannes noch gar nicht heiliggesprochen war. Stimmt das?

„Johannes Nepomuk wurde 1729 heiliggesprochen und einige Jahre vorher seliggesprochen. Ja, es stimmt. Es gab hier am Felsen, also hier in dieser Gegend Na Skalce in der Prager Neustadt bereits eine Kapelle zu Ehren des heiligen Johannes Nepomuk, und zwar eben Ende des 17. Jahrhunderts - also einige Jahrzehnte vor seiner Selig- und Heiligsprechung. Das ist tatsächlich ein schönes Zeugnis auch dafür, dass dieser spätere Heilige schon sehr früh verehrt wurde. Schon früher wurden ihm auch Kapellen und Altäre gewidmet, nicht nur hier, sondern auch an anderen Stellen in Böhmen und in Prag. Und er war wirklich ein völkerverbindender Heiliger, der ganz wichtig war nicht nur für Prag, sondern eigentlich für ganz Mitteleuropa.“

Foto: Martina Schneibergová
Diese Kirche wurde erst nach seiner Heiligsprechung erbaut, von Kilian Ignaz Dientzenhofer…

„Ja, nachdem hier bereits Ende des 17. Jahrhunderts eine Kapelle bestanden hatte, begann man dann eben knapp nach der Heiligsprechung, im Jahr 1730, diese Kapelle zu einer großen schönen Barockkirche auszubauen. Von 1730 bis 1738 hat der berühmte Kilian Ignaz Dientzenhofer hier gebaut. Entstanden ist wirklich ein barockes Kleinod. Wir sind ja gerade hier in der Kirche - wohin man auch schaut, ist es einfach schön. Es gibt ein schönes Deckenfresko mit Darstellungen aus dem Leben des heiligen Johannes Nepomuk. Es gibt schöne barocke Altäre, es gibt schöne Heiligenfiguren, die an diesen barocken Altären stehen. Es ist einfach ein kleines Gotteshaus, aber ein barockes Kleinod, in dem man sich sehr gerne befindet.“

Martin Leitgöb  (Foto: Martina Schneibergová)
Wie entstand diese Bezeichnung „am Felsen“? Gab es hier wirklich einen Felsen? Heutzutage sieht man keinen mehr.

„Heutzutage sieht man den Felssporn nicht, der hier ursprünglich einmal war. Ich bin ja kein Prager, sondern Österreicher, der in den letzten Jahren in Wien gelebt hat, aber ich hab gehört, dass Prag angeblich auf neun Hügeln gebaut ist. Also Rom ist auf sieben Hügeln gebaut, Prag auf neun. Wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist in der Stadt, merkt man das auch. Und diese Gegend rund um Johannes Nepomuk am Felsen und rund um das Emmauskloster, das gleich in der Nähe ist, soll eben einer dieser neun Hügel sein. Im Grunde handelt es sich aber um einen Vorhügel, denn es geht von hier, von der Neustadt, nach Vinohrady hinauf. Vinohrady, das ist natürlich ein Hügel, es ist ein richtiger Weinberg ursprünglich gewesen.“

Kirche St. Johann am Felsen  (Foto: Archiv von Martin Leitgöb)
Es gab vor der Entstehung dieser Kirche hier auch noch eine Bruderschaft, die die Jungfrau Maria und eben auch Johann Nepomuk verehrte. Was für eine Bruderschaft war das?

„Es gab eine Bruderschaft, weil Johannes Nepomuk am Felsen, also diese Kirche, nie eine Pfarrkirche war. Als diese Kirche gebaut wurde, war das erzbischöfliche Ordinariat von Prag, also der Erzbischof und sein beratendes Konsistorium, gegen den Bau. Man wusste offensichtlich, dass man aus der Kirche keine Pfarrkirche machen kann, aber eine Bruderschaft hat sich eben sehr stark angenommen und für den Bau dieser Kirche eingesetzt. Es war eben eine Bruderschaft einerseits zu Ehren der Jungfrau Maria, andererseits zu Ehren des Johannes Nepomuk. Bruderschaften waren seit dem Mittelalter im Grunde religiöse Vereinigungen. Es gab auch einen eigenen Bruderschaftsgeistlichen, der im 18. Jahrhundert hier gewirkt und im Übrigen zunächst im Faust-Haus gewohnt hat. Deswegen wurde zur Zeit des Kirchenbaus auch ein eigener Trakt zum Faust-Haus hinzugebaut, damit der Administrator dieser Kirche Wohnräumlichkeiten hat. Später wurde ein eigenes Gebäude für die Bruderschaft, aber auch für den Geistlichen an dieser Kirche gebaut. Das befindet sich hier rechter Hand von uns.“

Foto: Martina Schneibergová
Wenn man sich die Decke anschaut, ist dieses große Fresko mit Johannes Nepomuk besonders beeindruckend. Ist es seine Himmelfahrt?

„Ja, das Hauptfresko in der Kuppel unserer Kirche ist eine Apotheose des heiligen Johannes Nepomuk. Er wird im Himmel dargestellt. Da sieht man ihn im Strahlenkranz, der heilige Geist schwebt über ihn, er ist umrundet von Engeln. Am Rand des Deckenfreskos sind verschiedene Szenen von Heilungswundern dargestellt – also Wunder, die auf die Fürsprache es heiligen Johannes Nepomuk geschehen sind. Im Kuppelfresko hat sich auch der Maler selbst dargestellt: Ganz hinten sieht man ihn, wie er gerade an einer Staffelei malt. Dieser Maler hieß Jan Karel Kovář. Er hat nach Vollendung der Kirche in den 1740er Jahren dieses großartige Kuppelfresko geschaffen.“

Hauptaltar  (Foto: Archiv von Martin Leitgöb)
Es gibt hier noch eine herrliche Darstellung des heiligen Nepomuk, und zwar eine Statue auf dem Hauptaltar. Was ist das für ein Werk?

„Die Statue auf dem Hauptaltar ist eine ganz beachtliche und kunsthistorisch wichtige Statue des heiligen Johannes Nepomuk, und zwar aus dem folgenden Grund: Wir alle kennen die Prager Karlsbrücke mit der gusseisernen Nepomuk-Statute. Und jene Statue, die wir hier haben, ist das Holzmodell für diese Statue auf der Karlsbrücke. Sie wurde 1782 vom bedeutenden Bildhauer Jan Brokof geschaffen, der damals in Prag lebte.“

Ich glaube, nicht einmal die Prager wissen, dass das Vorbild für die Brückenstatue hier steht...

„Das wissen sicher nicht viele Prager, das meine ich auch, aber umso mehr haben sie dann einen Grund, einmal hierherzukommen. Wir haben hier jeden Sonntag um 11 Uhr deutschsprachigen Gottesdienst, weil diese Kirche der Treffpunkt der deutschsprachigen katholischen Gemeinde von Prag ist.“

Foto: Martina Schneibergová
Wenn man sich das Interieur ansieht, scheint es in einem guten Zustand zu sein. Aber draußen ist es leider nicht der Fall...

„Unsere Kirche braucht draußen dringend eine Renovierung. Sie wurde zum Teil auch draußen renoviert: Wenn man die Vyšehradská-Straße hinunterfährt, sieht man, dass die große Umfassungsmauer bereits wunderbar restauriert ist, aber die Kirchentürme wären der nächste Bauabschnitt. Denn zurzeit darf man den Haupteingang der Kirche nicht mehr benutzen, weil Gefahr besteht, dass die einzelnen Dekor- und Bauteile herunterfallen. Es ist wichtig, dass die Kirche draußen in den nächsten Jahren renoviert wird. Drinnen braucht sie keine Renovierung, da ist sie wunderschön. Wir sind als deutschsprachige katholische Gemeinde Prag auf der Suche nach Unterstützung, nach Spenderinnen und Spendern, die sich an diesem Projekt der Renovierung von Johannes Nepomuk am Felsen beteiligen wollen.“

Bald findet in Tschechien die so genannte „Kirchennacht“ statt. Planen Sie zu diesem Anlass ein spezielles Programm?

„Die ´Noc kostelů´, die lange Nacht der Kirchen, findet wie in den letzten Jahren am 24. Mai statt. Ich liebe diese Veranstaltung in besonderer Weise, weil ich schon die Jahre zuvor in Wien an der langen Nacht der Kirchen sehr intensiv mitgewirkt habe. Die ganze Idee dazu ist in Wien entstanden und von dort nach Tschechien übergegangen...“

Zuerst wurde sie nur in der Brünner Diözese veranstaltet, erst dann schlossen sich andere Diözesen hierzulande an...

Vor der Kirche St. Johann am Felsen  (Foto: Anton Fedorenko,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
„In jedem Fall bereiten wir hier ein eigenes Programm vor. Von 18 Uhr bis Mitternacht gibt es Lesungen, Orgelkonzerte und eine Kirchenführung. Es gibt auch die Möglichkeit, in Stille und Schlichtheit zu beten oder ein Gebet aufzuschreiben und in einen vorbereiteten Korb zu werfen. Wir wollen ganz offen sein zu unseren Besucherinnen und Besuchern, wir wollen ein niederschwelliges Angebot für die vielen Menschen in der Stadt machen, die vielleicht gar nicht Christen sind, aber die doch diese Nacht nutzen, um ein bisschen in eine Kirche hineinzuschnuppern. Und Leib und Seele gehören bekanntlicherweise zusammen, das heißt wir bieten außerhalb der Kirche einen kleinen Imbiss, damit sich die Besucher ein bisschen stärken können.“