Zaorálek: Sanktionen sind Ausdruck unserer Unzufriedenheit – Merkel wird Kurs nicht ändern
Die tschechische Politik musste sich zuletzt mit mehreren schwierigen Themen auseinandersetzen. Dazu gehören die Schelte des UN-Menschenrechtskommissars, der Besuch nur eines österreichischen Präsidentenkandidaten auf der Prager Burg, oder die Zustimmung Tschechiens zur Verlängerung der EU-Sanktionen gegenüber Russland. Am Mittwoch nahm Außenminister Lubomír Zaorálek explizit dazu im Tschechischen Rundfunk Stellung.
„Nicht zu unterscheiden zwischen einem Extremisten und einem demokratisch gewählten Politiker, das ist für mich völlig unverständlich. Vor allem dann, wenn der Extremist der Vertreter einer terroristischen Organisation ist, wie sie heute eine Bedrohung für uns alle ist. Denn wenn wir wirklich echte Debatten über Rechte und Allianzen, wo einer dem andern hilft, führen wollen, dann helfen oberflächliche Einschätzungen, bei denen alle in einen Topf geworfen werden, niemandem.“
Und auch die Kritikpunkte von Al-Hussein, dass die von ihm kritisierten Populisten mit Vereinfachungen und Halbwahrheiten argumentieren würden, ließ der Chefdiplomat pauschal nicht gelten. Und zu dem Vorwurf, dass sie mit ihrer Polemik Angst schüren würden, sagt Zaorálek:„Das wissen wir doch alle, dass es gefährlich ist, Angst zu säen. Doch dann müssten wir noch viel mehr Politiker ins Auge fassen. Wenn Sie sich nur jede x-beliebige Wahlkampagne anschauen, dann werden Sie feststellen, dass selbst anerkannte Politiker mit dem Gefühl der Angst spielen. In Gedanken sagen sie sich: das beste Wahlkampfthema wäre die Apokalypse, und ich bin derjenige, der euch davor bewahrt. Doch es geht nicht, in diesem Kontext einen demokratisch gewählten Politiker mit einem IS-Vertreter gleichzusetzen.“
Auf eine andere Frage antwortete Zaorálek indes nur ausweichend. Es war die Frage, was er davon halte, dass Präsident Zeman für die kommende Woche nur einen Kandidaten der zu wiederholenden österreichischen Präsidentenwahl eingeladen habe. Und zwar den FPÖ-Politiker Norbert Hofer, nicht aber seinen Gegenkandidaten, den Wirtschaftswissenschaftler und Politiker Alexander Van der Bellen. Dazu müsse sich Zeman, der ihn eingeladen habe, selbst äußern.Weiterhin bestätigte der Außenminister, dass sich alle EU-Staaten jüngst für die Verlängerung der Sanktionen gegen Russland ausgesprochen haben. Grundlage für die Entscheidung sei das Abkommens von Minsk, das noch längst nicht erfüllt sei – im Gegenteil: die Sicherheitslage in der Ostukraine habe sich verschlechtert und nicht verbessert. Die Sanktionen seien die entsprechende Reaktion der EU darauf, erklärt Zaorálek:
„Unsere Beziehungen mit Russland sind beschädigt wegen der Lage in der Ostukraine. Um unsere Unzufriedenheit darüber zum Ausdruck zu bringen, mussten wir zu wirksamen Mitteln greifen. Und dies sind eben gewisse Beschränkungen im Bereich des Finanzwesens, der Freizügigkeit bei Reisen bestimmter Personen und ähnliches mehr. Mit den Sanktionen haben wir folglich geäußert, dass wir mit bestimmten Dingen nicht einverstanden sind.“Schließlich wurde Zaorálek auch zu den Landtagswahlen im deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern befragt, bei denen die Partei von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel ziemlich schlecht abschnitt. Seiner Meinung nach sei dieses Ergebnis zustande gekommen, weil viele Wähler gerade mit der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin nicht einverstanden seien. Dennoch werde sich Merkel auch dadurch von ihrem Kurs nicht abbringen lassen, denn sie habe derzeit keinen ernsthaften politischen Gegenspieler im eigenen Land zu fürchten, meint der tschechische Außenminister. Und er glaube auch zu wissen, woraus die Kanzlerin ihre Stärke ziehe:
„Ich denke, Merkel stützt sich vor allem darauf, dass Deutschland nach wie vor ein prosperierendes Land ist, mit sehr guten Wirtschaftsergebnissen. Deutschland ist weiter die Lokomotive in Europa, von daher ist eine Niederlage bei den Landtagswahlen für sie noch kein Erdbeben. Und sie bedeutet auch keine dramatische Veränderung der politischen Kräfteverhältnisse in Deutschland.“