Zehn tschechische Lkw-Fahrer wollen deutschen Mindestlohn einklagen
Seit etwa zwei Jahren ist es ein Streitthema in Europa: die Zahlung von westlichem Mindestlohn an osteuropäische Lkw-Fahrer, wenn sie die Grenze nach Deutschland oder Frankreich überqueren. Beide Staaten bestehen darauf, dass den Fahrern dann der in ihrem Land geltende Mindestlohn gezahlt wird. Nun wollen zehn tschechische Trucker in Deutschland die höhere Bezahlung für ihre Arbeit einklagen.
„Die Differenz könnte bei einer Million Kronen liegen. Die vergangenen zwei Jahre bin ich nämlich ständig in Deutschland gefahren, nahezu täglich saß ich zwölf Stunden am Steuer. Doch weshalb sollte ich diskriminiert werden gegenüber einem deutschen Fahrer, der dieselbe Arbeit verrichtet, dafür aber 30 Prozent mehr Lohn erhält?“
So wie Palička denken mittlerweile mehr als 1000 tschechische Lkw-Fahrer, die laufend über deutsche Straßen fahren. In ihren Hoffnungen fühlen sie sich bestärkt durch ein Gerichtsurteil von Mitte Februar dieses Jahres. Da hatte einer ihrer Kollegen rund 10.000 Euro vor Gericht erstritten, weil er nachweisen konnte, dass er für tschechischen Lohn fast zehn Monate lang in Deutschland tätig war. Sein Name ist Jiři Gabrhel, er ist im südböhmischen Strmilov bei Jindřichův Hradec / Neuhaus zu Hause. Der 42-Jährige hatte eines Tages damit begonnen, bei jeder Auslandsfahrt die genauen Zeiten für das Fahren, Parken und Verladen in Deutschland zu notieren. Seit seinem positiven Rechtsbescheid berät er auf Rastplätzen viele seiner Kollegen. Allerdings sieht er bei den meisten von ihnen nur geringe Erfolgschancen:„Denn 90 Prozent von ihnen dokumentieren ihre Auslandsfahrten nicht. Sie schreiben nicht auf, wann sie nach Deutschland fahren und wie viele Stunden sie dort gearbeitet haben.“Gabrhel selbst halfen Mitarbeiter des Deutschen Gewerkschaftsbundes vor Gericht. Dies geschah im Rahmen des Projekts „Faire Mobilität“. Zudem beruht Gabrhels Erfolg auch darauf, dass eine deutsche Firma verklagt wurde, und zwar ein Subunternehmen der Deutschen Post, bei dem er angestellt ist. Von daher spricht der tschechische Transportverband Česmad Bohemia derzeit auch nur von Einzelfällen, die ihre tschechischen Arbeitgeber verklagen wollen. Vojtěch Hromíř ist der Generalsekretär von Česmad:
„Die Bemühungen der tschechischen Fahrer kann man durchaus nachvollziehen. Man kann sie indes nur in dem Kontext verstehen, dass sich ihnen eine gute Möglichkeit eröffnet, sehr schnell zu Geld zu kommen.“
Und Hromíř schiebt sofort nach:„Sie sollten aber ebenso anerkennen, dass die Bezahlung ihrer Auslandsfahrten auf zwei Säulen beruht: auf dem Tariflohn und auf den Spesen für den dortigen Aufenthalt. Diese Form der Entlohnung beruht auf einer gewissen Realität und Vorgeschichte.“
Hromíř verweist zudem darauf, dass die Europäische Union gegenwärtig an einer einheitlichen Richtlinie zur Entlohnung von Lkw-Fahrern im internationalen Verkehr arbeitet. Damit würde diese Berufsgruppe aus der Entsenderichtlinie der EU herausgenommen. Eine solche Kompromisslösung wird vom tschechischen Verkehrsminister Dan Ťok ausdrücklich begrüßt, ganz im Gegensatz zu den Transportverbänden in Deutschland und Frankreich. Ursprünglich sollten die Europarlamentarier bereits im Sommer über die Sonderregelung entscheiden. Nun ist die Verhandlung zu dieser Richtlinie für Ende des Jahres geplant.