Konkurrenz aus Polen setzt Tschechiens Spediteuren zu
Wer heute in Tschechien ein Speditionsunternehmen betreibt, ist zum Gejagten geworden. Die Konkurrenz aus dem Osten, und vor allem aus Polen, drängt die einheimischen Lkws von den Straßen. Auch etablierte Firmen geraten dabei ins Schleudern.
Seit 25 Jahren betreibt Michal Hošek hierzulande ein Speditionsunternehmen. Seine Lastwagen bedienen vor allem Strecken zwischen Tschechien und Italien. Geladen haben sie meist Spielzeug, Papier und auch Eisen. Doch der Unternehmer aus Prag sagt:
„Vor einigen Jahren waren wir tschechische Spediteure an den Verladestationen im Land noch alleine. Heute verdrängen uns die Unternehmer aus dem Osten von unserem Markt. Das liegt an den niedrigeren Preisen, die sie anbieten. Sie nutzen unterschiedliche Vergünstigungen in ihren Ländern. Außerdem sind ihre Fahrer ständig in Europa unterwegs, ohne zwischendrin nach Hause zu fahren.“
Diese aggressive Unternehmensstrategie macht den tschechischen Spediteuren schwer zu schaffen. Dabei waren es früher sie gewesen, die die Konkurrenz im Westen gepiesackt haben. Michal Hošek jedenfalls ist deswegen auch in den Paketdienst eingestiegen:
„Damit machen wir Gewinn und können unsere klassische Tätigkeit weiter finanzieren. Hätte ich nur ein Speditionsunternehmen und müsste 15 Lastwagen abbezahlen, könnte ich nicht mehr überleben.“
Dieses Problem hat man auch beim tschechischen Verkehrsministerium erkannt.
„In den vergangenen vier Jahren ist der Güterumfang, der hierzulande von tschechischen Lkws transportiert wird, auf die Hälfte gefallen. Solch einen starken Einbruch hat es in den letzten 30 Jahren nie gegeben. Die internationalen Speditionsdienste in Tschechien werden in großem Maß von Unternehmern aus anderen EU-Staaten übernommen“, so Ministeriumssprecher František Jemelka.
Die Konkurrenten sind vor allem polnische Fuhrunternehmer. Sie konnten seit 2011 den Güterumfang verdoppeln, den sie durch das südliche Nachbarland transportiert haben.
Auf der Strecke bleiben selbst etablierte Firmen. Einige Unternehmer hätten sich vollständig vom Markt zurückgezogen, sagt Josef Melzer. Er leitet den Verband der Spediteure in Tschechien (Česmad):„Schon 2018 haben nur noch rund 50 Prozent der tschechischen Speditionsunternehmen profitabel gearbeitet. Und der Anteil geht immer weiter zurück. Einige kleine und mittelständische Firmen schließen bereits. Leider betrifft dies auch Betriebe, die schon seit zwanzig Jahren auf dem Markt sind. Sie geben aus wirtschaftlichen Gründen auf.“
Dazu kommt, dass die Spediteure ebenfalls den Mangel an Facharbeitern auf dem tschechischen Markt zu spüren bekommen.
„Die derzeitigen Lkw-Fahrer werden immer älter und bedienen lieber Strecken im In- als im Ausland. Außerdem geht es nicht nur um die Gehälter im Speditionsgewerbe, sondern auch bei der Personenbeförderung. Das heißt, einige Trucker satteln um auf Busfahrer“, schildert Melzer.
Beim Verkehrsministerium sieht man vor allem eine Ursache für die Entwicklung: die steigende Lebensqualität in Tschechien.
„Tschechien ist heute in jener Lage, in der sich die westlichen EU-Staaten nach der Osterweiterung befanden. Westlich von uns hatte man Angst vor Billiganbietern. Dank des Wirtschaftswachstums sind wir aber keine allzu große Konkurrenz mehr. Dass die Lebensqualität gestiegen ist, und damit auch die Löhne, spiegelt sich in den Preisen der Spediteure wider“, sagt Sprecher Jemelka.
Doch die Fuhrunternehmer hierzulande sagen, sie könnten nicht billiger befördern. Dabei verweisen sie unter anderem auf die Lkw-Maut. Diese wurde zu Jahresbeginn auch auf Landstraßen erster Klasse ausgeweitet. Die Spediteure fordern daher von der Regierung gewisse Ermäßigungen. Außerdem verweisen sie auf die Vorteile, von denen beispielsweise ihre polnischen Kollegen profitieren. Die Fahrer aus dem nördlichen Nachbarland können steuerlich günstigeres Diesel tanken.Vergangene Woche gab es daher ein erstes Treffen mit Finanzministerin Alena Schillerová. Dies habe informativen Charakter gehabt, hieß es vonseiten des Spediteur-Verbandes. Zugleich habe Schillerová aber genauere Zahlen gefordert. Es scheint wohl nicht die letzte Zusammenkunft gewesen zu sein.