Zeitzeuge: Nie werde ich Kriegspein und Zerstörung vergessen, aber ich will keine Rache
Wir schreiben das Jahr 2005 - fast 60 Jahre sind seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs vergangen. Es ist die Zeit, in der wir uns aus den verschiedensten Anlässen heraus die Greueltaten des Naziregimes und die ihnen folgenden nicht minder heftigen Gegenreaktionen wieder vor Augen halten, an die dabei entstandene Pein und Schmach erinnern und der unzähligen Toten dieses Krieges gedenken. Einen solchen Anlass bot erst neulich der 60. Jahrestag der Zerstörung Dresdens. Lothar Martin war für Radio Prag bei den Gedenkveranstaltungen in der wieder auferstandenen Elbestadt dabei. Hier sein Bericht:
Gefragt danach, ob bzw. inwieweit er denjenigen verziehen habe, die ihn ins KZ und zur späteren Zwangsarbeit gebracht haben, antwortete Salomonovic:
"Ich glaube, ich habe diese Frage nie gelöst, denn sie hat sich mir auch nicht gestellt. Ich will nicht vergessen, aber ich will auch keine Rache. Denn das hat keinen Sinn! Glücklicherweise ist mir bisher noch nie ein ehemaliger SS-Mann begegnet, und ich habe mir auch nicht gemerkt, wer das alles war. Ich war aber sehr froh, als man dann mit den Kriegsverbrechern vor Gericht gegangen ist. Und vor dem Gericht hat man ihnen bewiesen, dass sie sich persönlich daran beteiligt haben, Mörder gewesen zu sein. So sind dann zum Beispiel Adolf Eichmann und andere Nazis beim Nürnberger Prozess oder beim Prozess in Auschwitz von einem normalen Gericht verurteilt worden."Leider war am 13. Februar in Dresden auch das menschenverachtende Gedankengut der Alt-Nazis zu hören und dessen hässliche Fratze in Gestalt von meist jungen deutschen Neonazis zu sehen, als sie unter Polizeibegleitung durch die Innenstadt marschierten. Michal Salomonovic, der den Weg der Versöhnung längst beschritten hat, weiß vor dem Wiederaufleben lassen der bösen Geister der Vergangenheit jedoch eindringlich zu warnen:
"Wenn jemand wählt und sagt, ich gehe zur NPD, dann ist das zunächst seine Sache. Dann aber sollten ihn die Deutschen von seiner schlechten Wahl überzeugen, so wie wir das in der Tschechischen Republik tun. Wir versuchen zum Beispiel diejenigen unserer Bürger, die den Friedhof mit Hakenkreuzen beschmieren, zu finden und zu verurteilen, damit sie ihn wieder renovieren oder damit sie eine Strafe bezahlen. Außerdem gehen wir zu den Schülern und Studenten und erklären ihnen, dass solche Aktionen blödsinnig und dumm sind. Denn das Hakenkreuz ist ein Symbol der Faschisten, und die haben das, und das und das (Negative) getan. Daher sollte man es nicht erlauben, sie zu verherrlichen und ihre Symbole hervor zu streichen. Wir haben in Tschechien eine sehr große Mehrheit, die gegen die Verbreitung des faschistischen Gedankens und seiner Symbolik ist. Und es gibt zudem Leute, die auf den Friedhof kommen, um zu helfen, alles wieder in Ordnung zu bringen."