Zoodirektor Bobek: Przewalski-Pferd bald keine bedrohte Tierart mehr

Przewalski-Pferd (Foto: Jan Vašíček, Archiv des Prager Zoos)

Das Przewalski-Pferd gilt als einzige noch existente Form des Wildpferdes, obwohl sich die Wissenschaft da schon lange nicht mehr einig ist. Das letzte freilebende Exemplar wurde 1969 gesehen. Doch weil Großgrundbesitzer und Zoos die Art in Gefangenschaft weiterzüchteten, hat es überlebt. Und nach Meinung des Prager Zoo-Direktors wird es deshalb schon bald von der Liste der gefährdeten Tiere gestrichen.

Przewalski-Pferd  (Foto: Jan Vašíček,  Archiv des Prager Zoos)

Przewalski-Pferd  (Foto: Petr Hamerník,  Archiv des Prager Zoos)
Benannt ist das Wildpferd nach dem russischen Expeditionsreisenden Nikolai Michailowitsch Prschewalski. 1878 brachte er die Haut und den Schädel eines Tieres aus Zentralasien mit nach Sankt Petersburg. Bis dahin war die Wildpferdart im Westen gänzlich unbekannt. Der Entdecker des Unpaarhufers wurde am 12. April 1839, also vor 180 Jahren geboren.

Der Prager Zoo hat große Verdienste bei der Nachzucht des Przewalski-Pferdes. Miroslav Bobek ist der Direktor des Tierparks. Im Tschechischen Fernsehen verweist er darauf, dass man in diesem Jahr noch an weitere Jubiläen erinnert:

„Zum einen ist dies das erstmalige Vorkommen eines Przewalski-Pferdes in Europa – das war vor 120 Jahren. Und zum zweiten ist es jetzt 60 Jahre her, als in Prag eine Konferenz zum Schutz des Przewalski-Pferds stattfand. Sie wurde vom Prager Zoo organisiert, und uns wurde damals das internationale Zuchtbuch dieses Tieres anvertraut.“

Miroslav Bobek  (Foto: Jana Kudláčková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Bobek erklärt auch, weshalb die Führung eines Zuchtbuchs so wichtig ist:

„Dessen Bedeutung liegt darin, dass man weiß, wo das jeweilige Tier gehalten wird, wie alt es ist, welches Geschlecht es hat. Nur so kann man die Zucht auch wirklich managen. Dabei gilt es zu verhindern, dass verwandte Tiere miteinander gekreuzt werden, oder aber Wildpferde mit anderen Unterarten wie beispielsweise Hauspferden.“

Miroslav Bobek gibt zu, dass es alles andere als einfach war, die Nachzucht des Przewalski-Pferdes artgerecht zu organisieren. Als man damit begonnen hat, habe es schließlich nur noch 13 lebende Individuen des asiatischen Wildpferdes gegeben. Mit vereinter Kraft aber sei es gelungen, die Population wieder auf über 2000 Tiere zu erhöhen, so der Zoodirektor:

Przewalski-Pferde in der Mongolei  (Foto: Petr Jan Juračka,  Archiv des Prager Zoos,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)
„Im Rahmen des Programms, dem sich unser Zoo verschrieben hat, haben wir bisher 31 Pferde in die Mongolei transportiert. Vor uns haben die Schweizer, Niederländer und Deutschen in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren Dutzende Pferde dorthin gebracht. Daraus sind drei größere Populationen in der mongolischen Steppe entstanden.“

Im eigenen Areal und in einem anderen größeren Freigelände hält der Prager Zoo derzeit insgesamt 38 Przewalski-Pferde. Auch in diesem Jahr wird er einige davon an das Ursprungsgebiet dieser Wildpferde abgeben. Vielleicht auch noch im nächsten Jahr, doch dann könnte es schon genug sein. Denn ihre Population im mongolischen Nationalpark Gobi B sei schon ausreichend, sagt Bobek. Und voller Optimismus fügt er hinzu:

„Ich denke, dass das Przewalski-Pferd das Schlimmste hinter sich hat. Es gilt bereits nicht mehr als eine in der Natur ausgestorbene Tierart, und genauso wird es schon bald aus dem roten Buch verschwinden, in dem die gefährdeten Tierarten geführt werden.“

Przewalski-Pferd  (Foto: Tomáš Adamec,  Archiv des Prager Zoos)
Doch weshalb ist gerade die Aufzucht des Przewalski-Pferdes für ihn und den Prager Zoo von solch großer Bedeutung? Miroslav Bobek:

„Es ist das letzte Wildpferd, das existiert. Es gab bestimmt noch weitere Arten davon, doch das Przewalski-Pferd ist das einzige, das noch lebt. Ansonsten sind alle anderen Pferde, die man heute noch in freier Wildbahn trifft, verwilderte Hauspferde. Dazu gehören beispielsweise auch die berühmten Mustangs.“

Eine Veröffentlichung im Fachmagazin Science aus dem Jahre 2018 indes besagt, dass Przewalski-Pferde vor ca. 5000 Jahren verwilderte Botai-Pferde sind. Doch egal, wie haarklein die heutige Wissenschaft ihre ursprüngliche Herkunft sieht, der Dank der Menschen und der Regierung der Mongolei ist den Züchtern und Pflegern des Prager Zoos schon seit Jahren gewiss.

Autor: Lothar Martin
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