Zu den tschechischen Wurzeln: Nachkommen von Emigranten bei Sprachkurs und Rundfunk-Exkursion
Jeden Sommer veranstaltet die Prager Karlsuniversität einen vierwöchigen Sprachkurs für Auslandstschechen. Teil des Kurses sind auch Führungen durch die Gebäude des Tschechischen Rundfunks. Einige der Teilnehmer haben von ihrer Familie und ihrem Interesse für das Land ihrer Vorfahren erzählt.
Rund 100 Nachkommen tschechischer Auswanderer waren vergangene Woche auf Exkursion im Tschechischen Rundfunk. Sie nehmen alle an einem speziellen Sommer-Tschechisch-Kurs der Prager Karlsuniversität teil. Bei dem Sprachtraining lernen die Teilnehmenden mit tschechischen Wurzeln nicht nur die Sprache, sondern erkunden auch die Kultur Tschechiens.
Henry Keenleyside stammt aus der Nähe von Birmingham in England. Der Grund für den Kurs ist seine tschechische Mutter. Ihretwegen sei er zweisprachig aufgewachsen und habe ihr Heimatland kennengelernt, so der junge Brite:
„Ich bin immer wieder mit meiner Mutter hier in Tschechien. Ich möchte gerne besser mit meiner Tante oder meinen Cousins und Cousinen und meinem Onkel auf Tschechisch sprechen können.“
Fernando aus Argentinien ist erst 20 Jahre alt, dennoch fasziniert ihn das Land seiner Vorfahren. Seine Verbindung zu Tschechien sind seine Großeltern. Sie wanderten aus der Tschechoslowakei aus und fanden in Argentinien ein neues Zuhause. Dabei seien sie nicht die einzigen gewesen, erläutert Fernando:
„In meiner Heimatstadt in Argentinien gibt es eine große tschechische Gemeinschaft. Für die arbeite ich auch. Wir versuchen, den Leuten, die keinen tschechischen Hintergrund haben, die tschechische Kultur etwas näher zu bringen. Ich als der Jüngste in dieser tschechischen Gemeinschaft versuche, die tschechische Kultur so lange es geht am Leben zu erhalten.“
Margaret Supik stammt aus den USA. Sie fällt aus der Reihe. Einerseits ist sie rund 60 Jahre älter ist als viele der Kursteilnehmer, andererseits hat sie keinen Vorfahren in Tschechien oder der Tschechoslowakei. Sondern…
„Mein Mann war Tscheche und sehr stolz auf seine Wurzeln. Er liebte die Musik, vor allem sang er gerne. Die Sprache seiner Heimat war für ihn sehr wichtig, weil er auf Tschechisch singen wollte. Er hat dann versucht, sie zu lernen, passend zu seinem tollen tschechischen Akzent. Mit der Grammatik tat er sich dann aber so schwer, dass er es aufgab. Ich habe weiter versucht, die Sprache zu lernen. Ich wollte immer schon eine Fremdsprache beherrschen, und jetzt ist Tschechisch genau das für mich“, so Supik.
Viele Teilnehmer des Tschechisch-Kurses für Auswanderer und deren Nachfahren haben bereits Vorerfahrung mit der Sprache. Dennoch halten sie alle Tschechisch für eine schwere Sprache. Vor allem die Grammatik bezeichnen sie als sehr kompliziert. Die 19-jährige Gianna Lee aus den USA berichtet von der besonderen Beziehung zur tschechischen Sprache:
„Zuhause spreche ich mit meiner Mutter tschechisch. Mein Vater kann die Sprache aber nicht, deshalb ist es ziemlich schwer für meine Mutter, uns die Sprache gut beizubringen. Dabei geht es nicht nur darum, sie sprechen zu können, sondern auch lesen und schreiben zu können. Bisher spreche ich nur sehr umgangssprachlich Tschechisch. Denn ich kenne es nur von meiner Familie, und in einer Familie spricht man nun mal informell.“
Auch wenn sie sich mit der tschechischen Grammatik schwer tun, sind die Teilnehmer des einmonatigen Kurses der Karlsuniversität mit Eifer bei dem Sprachtraining dabei. Ob sie sich mit ihren Verwandten besser unterhalten wollen, sie es als Vorteil in ihrem Arbeitsleben sehen oder mit ihrer Kultur in Kontakt treten wollen – der Kurs lohne sich allemal, sagen sie. Dazu Henry Keenleyside:
„Der Fokus des Kurses liegt klar auf der Grammatik, und da die auch meine Schwachstelle ist, hilft mir das sehr. Außerdem führen wir viele Konversationen, und in diesen Situationen bist du gezwungen, Tschechisch zu sprechen. Darin habe ich mich auch sehr verbessern können, was ich merke, wenn ich mich mit meiner Mutter unterhalte.“