Zu Ehren von Richard Teltscher: Hohe Tamarisken in Mikulov / Nikolsburg

Hohe Tamarisken (Foto: Autorin)

Die südmährische Stadt Mikulov / Nikolsburg wurde von den mährischen und österreichischen Juden einst angeblich der Stern Israels genannt. Vor 70 Jahren – genau am 8. Oktober 1938 - wurde die Stadt von den deutschen Truppen besetzt. Innerhalb weniger Tage wurden die jüdischen Bewohner vertrieben und die zuvor berühmte jüdische Gemeinde von Nikolsburg hörte auf zu existieren. Zum Gedenken an die jüdischen Bewohner der Stadt wurde am 7. Oktober im Schloss von Mikulov eine musikalisch-literarische Vorstellung aufgeführt.

Hohe Tamarisken  (Foto: Autorin)
Das junge und mit mehreren Preisen ausgezeichnete Pavel-Haas-Quartett spielte Werke ihres Namensgebers, des Brünner Komponisten Pavel Haas, der 1944 in Auschwitz starb, und von Dmitri Schostakowitsch. Dazwischen erklangen Texte mit jüdischer Thematik, vorgetragen vom Schauspieler, der in der Rolle eines gläubigen Juden durch den jüdischen Alltag führte. Diese Vorstellung mit dem Titel „Hohe Tamarisken“, die an die metaphorische Bezeichnung der Rabbiner erinnert, erlebte in Mikulov ihre Premiere.

William Teltscher  (links) mit Hauptmann Stanislav Juránek  (Foto: Autorin)
Doch der Abend im Schloss von Mikulov war vor allem aber einem wichtigen Nikolsburger gewidmet: Richard Teltscher. Er stammte aus einer der ältesten jüdischen Familien in der Stadt, seine Vorfahren hatten dort den Weinhandel gegründet. Teltscher setzte sich in den 30er Jahren für die Bewahrung der jüdischen Kultur der Region stark ein. Nach dem Münchner Abkommen transportierte er die Sammlungen des neu errichteten Jüdischen Museums aus Mikulov nach Brünn. Einen Tag vor der Okkupation Brünns, am 14. März 1939, gelang es Richard Teltscher zu flüchten. Er blieb im britischen Exil, wo er 1974 starb. Sein Sohn William Teltscher war vergangene Woche in Mikulov zugegen und wurde dort begeistert begrüßt. Ich habe Herrn Teltscher danach gefragt, wann er zum ersten Mal nach dem Krieg wieder Nikolsburg besucht hat:

„Ich muss gestehen, dass ich nicht mehr genau sagen kann, wann das war. Es war jedenfalls noch, bevor das ehemalige jüdische Ghetto in der Stadt renoviert wurde. Es war damals eine Mischung von Heimweh und von romantischer Gesinnung.“

Ihr Vater hat sehr viel für die Bewahrung der jüdischen Kultur und der jüdischen Denkmäler gemacht. Wie erinnern Sie sich an Ihren Vater?

„Es war seit seiner Jugend der Sinn seiner Tätigkeit, die jüdische Kultur zu retten. Denn sie war vor allem durch die Verhältnisse während der Wirtschaftskrise gefährdet. Er war sich dessen bewusst, dass gerade in Nikolsburg – dem Zentrum der mährischen Juden – ein Museum der jüdischen Kultur verwirklichbar wäre. Und dies ist ihm dann dank seines Enthusiasmus gelungen.“

Wie gefällt Ihnen die musikalisch-dramatische Vorstellung, die auch Ihrem Vater gewidmet ist?

„Ich bewundere die Begeisterung, mit der diese Vorstellung vorbereitet wurde. Und ich finde, dass es künstlerisch auf einem viel höheren Niveau war, als man hätte erwarten dürfen.“