Zu Hause oder im Krankenhaus? Mütter scheitern mit Klage wegen Hausgeburten
Darf eine Frau alleine entscheiden, wo sie ihr Kind zur Welt bringt? Und wer soll das letzte Wort haben bei einer Geburt – eine Hebamme oder ein Arzt? Gerade darüber haben sich zwei Tschechinnen mit dem Staat gestritten. Letztlich sind sie bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezogen – und haben dort nun verloren.
„Damals habe ich Oliver eigentlich hier auf dem Fußboden zur Welt gebracht. Mit dem Oberkörper habe ich mich an der Bettkante abgestützt. Mein Mann saß auf dem Bett, während ich presste. Alles war sehr angenehm. Obwohl jeder behauptet, dass dabei überall das Blut nur so ströme: Es ist nicht so. Es war wirklich keine so schmutzige Angelegenheit.“
Monika hat ihren Sohn Oliver zu Hause entbunden. Das ist eine Seltenheit in Tschechien und wird wohl auch weiter stark umstritten bleiben. Vor allem seit einem Prozess um eine Hausgeburt, bei der das Kind ums Leben gekommen war. Die Hebamme war damals jedoch freigesprochen worden.
Tatsächlich ist der tschechische Staat Hausgeburten gegenüber nicht sonderlich aufgeschlossen. Hebammen sehen sich vor hohen bürokratischen Hürden, wenn sie Kinder nicht in der Klinik entbinden wollen. Und Eltern, die eine alternative Geburtsmethode bevorzugen, sind finanziell auf sich gestellt. Hauptgrund ist laut Staat und Ärzten das hohe Risiko für Kind und Mutter bei Hausgeburten. Petra Pařízková ist stellvertretende Leiterin des tschechischen Hebammenverbandes. Dieser versammelt die an Krankenhäusern angestellten Geburtshelferinnen unter einem Dach:„Für uns ist vor allem die Sicherheit des neugeborenen Kindes wichtig. Es geht um Minuten, wenn man im Falle einer Gefährdung des Kindes eingreifen muss.“
Zwei tschechische Mütter haben sich nun gegen diese Sichtweise gewehrt und sich bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte durchgeklagt. Beide wollten zu Hause gebären, möglich war es ihnen aufgrund der staatlichen Auflagen nicht. Die eine brachte ihr Kind letztlich allein zur Welt, die andere wählte notgedrungen ein Krankenhaus. Die Richter in Straßburg haben am Dienstag die Klage der beiden Tschechinnen jedoch abgelehnt. Sie sahen keine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Es liege im Ermessensspielraum des Staates, wie er in der Frage verfahre, so die Urteilsbegründung. Auch das tschechische Gesundheitsministerium zeigte sich erleichtert über den Schiedsspruch. Um die Sicherheit des Kindes gehe es aber in der Diskussion nicht unbedingt, meint Kateřina Hájková Klíčová von der Hebammen-Union Unipa, die sich für mehr Wahlfreiheit der Mütter einsetzt. Die Hebammen wüssten ja ganz genau, was sie machten, und das Kind sei in keinem Fall gefährdet. Hájková Klíčová sieht aber einen Kompromiss, auf den man sich einigen könnte:„Wir setzen uns in Tschechien auch für die Eröffnung von sogenannten Geburtshäusern ein. Diese könnten eine angemessene Alternative sein. Vor allem für Mütter, die nicht zu Hause gebären können, aber auch das Krankenhaus nicht für den richtigen Ort für die Geburt halten.“
Solche Geburtshäuser werden ausschließlich von Hebammen betrieben und sollen eine häusliches Umfeld bieten bei der Geburt. Ihren Ursprung haben sie in Deutschland und sind dort seit den 1980er Jahren üblich. Rund einhundert solcher Einrichtungen gibt es mittlerweile bundesweit. Petra Pařízková vom klinischen Hebammenverband hält sie jedoch für überflüssig:„Das ist eine Sache, die keine Unterstützung finden wird. Hierzulande gibt es 93 Geburtskliniken. Es ist ohne weiteres möglich, auch in den kleineren von ihnen eine familiäre Atmosphäre zu schaffen.“