„Zug der Freiheit“ – Sonderzug erinnert an Ausreise der Botschaftsflüchtlinge

Foto: ČTK

Ein Sonderzug mit fünf historischen DDR-Reichsbahn-Waggons ist am Donnerstag vom Prager Hauptbahnhof aus auf Fahrt gegangen. Und zwar über Dresden, Freiberg, Chemnitz, Plauen nach Hof. Das ist genau die Strecke, welche die DDR-Flüchtlinge in der Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober 1989 genommen haben, um nach Westdeutschland zu gelangen. Kurz zuvor war nach komplizierten Verhandlungen zwischen den Politikern auf den beiden Seiten des Eisernen Vorhangs die Entscheidung über die Ausreise gefallen. Mit dem „Zug der Freiheit“ wollte der Verein „Kultur Aktiv“ aus Dresden nun an diese dramatische Ausreise erinnern. Die einzelnen Waggons sind als Kunsträume gestaltet. In ihnen werden Ausstellungen gezeigt, es präsentieren sich Zeitzeugen in Interviews sowie Wissenschaftler und Jugendliche aus den ehemaligen Staaten des Ostblocks.

Foto: ČTK
1. Oktober, acht Uhr am Morgen. „Werte Reisende, ich begrüße sie recht herzlich auf der Sonderfahrt des Zuges der Freiheit von Prag nach Hof“, ruft der Schaffner. Radio-Prag-Reporter Pavel Polák sitzt im „Zug der Freiheit“ und fängt Stimmen von mitreisenden Zeitzeugen ein.

Brigitte Meier, die sich damals mit 35 Jahren zusammen mit Mann und Tochter auf die Flucht machte, berichtet über ihre Erlebnisse:

„Es war natürlich ein lebensverändernder Schritt. Der Zug führte in die Lebensveränderung. Nachdem man in die Botschaft geflüchtet war und dann mit den Zügen in die neue Freiheit fuhr, war es klar, dass der Zug mein Leben verändern wird.“

Ebenfalls vor 20 Jahren mit dabei war der damals zwölfjährige René Heilmann:

„Es war Erleichterung. Es hat lange gedauert, bis die Züge bereitgestellt wurden, ehe man also los fahren konnte. Und daher war es wirklich eine Erleichterung, als man dann in die Züge einsteigen konnte. Dennoch war die Stimmung angespannt und ängstlich, weil wir ja über das Gebiet der DDR gefahren sind und man wusste nicht, wohin der Zug dann wirklich führt. Man wusste nicht, ob man wirklich in die Freiheit fährt oder ob man nicht irgendwo in einen abgelegenen Bahnhof gefahren und dort dann abgeführt wird.“

Brigitte Meier: „Auf den Bahnhöfen hat man niemanden mehr gesehen und die Züge wurden dann durch andere Waggons isoliert. Wir sind also nur auf Gleisen mit Sichtschutz gefahren. Auf den normalen Strecken waren aber viele Menschen, die uns durch weiße Tücher signalisiert haben, dass sie uns begrüßen und unsere Ausreise bestätigen. Auch haben Autos an kleinen Bahnübergängen Lichthupe gegeben oder jemand hat gewinkt.“

René Heilmann: „Man hat es erst realisiert, dass man frei war, als wir in Hof angekommen sind, als wir also die Grenze überfahren haben.“

Brigitte Meier: „Überwältigend. Überwältigend, das kann man nicht anders sagen. Auf den Bahnhöfen, das war wie eine Großveranstaltung. Und diese Euphorie in der Bevölkerung hat sich auch noch über mehrere Wochen gehalten, auch durch die Bürgermeister, die sich sehr um uns in den ersten Wochen gekümmert haben.“

Foto: ČTK
René Heilmann: „Als wir dann in Hof angekommen sind, gab es Freude, Jubel, Euphorie unter den Leuten. Der ganze Zug hat wirklich gefeiert. Es war einfach unbeschreiblich, diese Freude endlich frei zu sein, die DDR hinter sich zu lassen.“

Als unser Reporter Pavel Polák dann mit dem Zug der Freiheit in den Hofer Bahnhof einfuhr, warteten dort bereits viele Leute, um die Reisenden zu empfangen. So wie damals vor 20 Jahren, als dieser Bahnhof für viele Flüchtlinge das Tor zur Freiheit wurde.