Zum 130. Geburtstag von Dichter, Graphiker und Übersetzer Bohuslav Reynek
Der herausragende tschechische Künstler, der mit seiner Heimatregion der Böhmisch-mährischen Höhe und mit Frankreich eng verbunden war, erhielt erst nach dem Fall des Kommunismus seine volle Anerkennung.
Der allseitig begabte Künstler wurde am 31. Mai 1892 in Petrkov, einem kleinen Dorf in der Böhmisch-mährischen Höhe, geboren. Er starb am selben Ort am 28. September 1971. Als Autor debütierte Reynek 1921 mit seiner Gedichtsammlung Žízně (Dürste). Diese und weitere Sammlungen aus den 1920er Jahren (Rybí šupiny / Fischschuppen, Had na sněhu / Schlange auf dem Schnee, Rty a zuby / Lippen und Zähne) steht unter dem Einfluss des Expressionismus. In seinen späteren Gedichten tritt die christliche Spiritualität (Setba samot / Aussat der Einsamkeiten, Pieta / Pietät) stärker hervor. Sie sind geprägt von einer tiefen Demut und einer Suche nach Schönheit in den einfachsten Sachen und Erscheinungen des Daseins. Seine letzte Sammlung, Odlet vlaštovek (Fortflug der Schwalben), gilt als Höhepunkt seines literarischen Schaffens. Sie wurde in den 1970er Jahren geschrieben, konnte aber erst nach 1989 offiziell veröffentlicht werden.
Von großer Bedeutung ist die Arbeit Reyneks als Übersetzer. Aus dem Französischen übertrug er unter anderem Werke von Francis Jammes, Charles Péguy, Jean Giono, Georges Bernanos, Victor Hugo und Paul Verlaine. Aus dem Deutschen sind die Übersetzungen von Georg Trakl und Adalbert Stifter hervorzuheben.
Seit den 1920er Jahren beschäftigte sich Reynek intensiv mit Zeichnung und Grafik. Er nutzte zunächst Kohle- und Pastelltechnik, später überwogen die Trockennadel, die Radierung, die Monotypie und der Glasklischeedruck, der an der Grenze zwischen Zeichnung, Grafik und Fotografie liegt. Die Landschaftsmotive wichen allmählich biblischen Themen, die oft in die Umgebung von Petrkov versetzt wurden. Reynek schuf mehrere hundert Werke, unter anderem die grafischen Zyklen Schnee, Weihnachten, Hiob und Don Quijote.
In der Zwischenkriegszeit veranstaltete Reynek Ausstellungen in Grenoble und in Pardubice. Seit den 1950er Jahren wurden seine Werke regelmäßig in Frankreich ausgestellt, in der Tschechoslowakei hingegen fand aus politischen Gründen von 1929 bis 1964 keine Ausstellung statt. Die tschechische Öffentlichkeit konnte seine Werke erst in den 1960er Jahren und insbesondere nach der Wende von 1989 entdecken. Letztes Jahr wurde die Grafik Veronika IV von Bohuslav Reynek für 564.000 Kronen (22.800 Euro) versteigert, was der Verkaufsrekord des Künstlers ist.
Zwischen Petrkov und Grenoble
In den 1920er und 1930er Jahren hielt sich Reynek oft in Grenoble in Frankreich auf, von wo seine Frau, die Dichterin und Übersetzerin Suzanne Renaud (1998–1964), kam. Sie hatten zwei Söhne. Jiří wurde später Übersetzer, und Daniel Fotograf. Seit 1936 lebte die Familie in Petrkov, pflegte aber eine immer engere Verbindung zu Frankreich. Die Kontakte wurden nicht einmal nach dem kommunistischen Putsch von 1989 unterbrochen, trotz der Verfolgung, der die Familie ausgesetzt war: Suzanne Renaud wurde daran gehindert, in ihre Heimat zu reisen, das Familiengut in Petrkov wurde verstaatlicht, Bohuslav und sein jüngerer Sohn Jiří waren in einer Schweinemast beschäftigt, die dort errichtet wurde. Der ältere Sohn Daniel arbeitete als Fahrer. Die Familie lebte in materieller Not und wurde durch Spenden von tschechischen und französischen Freunden unterstützt. Nichtsdestotrotz wurde Reyneks Haus in Petrkov vor allem seit den 1960er Jahren zu einem inspirierenden Treffpunkt für viele junge, freidenkende Künstler.
Im Jahr 2021 kaufte der Staat das Reynek-Haus in Petrkov. Das Museum für nationales Schrifttum hat dort ein tschechisch-französisches Kulturzentrum errichtet.