Zum Kompromiss verurteilt? Tschechien wartet auf das Budget 2007

Premier Mirek Topolanek (Foto: CTK)

Seit Montag hat Tschechien eine neue Regierung. Das Minderheitskabinett des Bürgerdemokraten Mirek Topolanek steht jedoch auf wackeligen Beinen: Die Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus steht noch bevor, und eine Mehrheit für die Regierung ist bislang weder ausgehandelt noch in Sicht. Dennoch werden Topolanek und sein Team einige Aufgaben recht schnell in Angriff nehmen müssen. Zum Beispiel die Verabschiedung des Staatshaushalts für das nächste Jahr. Gerald Schubert berichtet.

Bohuslav Sobotka  (links) mit Jiri Paroubek  (Foto: CTK)
Eigentlich gibt es bereits einen fertigen Budgetentwurf. Er wurde allerdings noch vom sozialliberalen Kabinett vorgelegt, das am Montag aus dem Amt geschieden ist. Die neue Regierungsriege möchte nun - wenig überraschend - Korrekturen vornehmen. Das Problem dabei: Der Staatshaushalt muss im Abgeordnetenhaus beschlossen werden, und dort hat die regierende Demokratische Bürgerpartei (ODS) keine Mehrheit. Der frühere Finanzminister Bohuslav Sobotka von den Sozialdemokraten (CSSD) spricht sich deshalb für einen möglichst raschen parlamentarischen Konsens aus:

"Unserer Meinung nach wäre es wichtig, über das Budget zu verhandeln, bevor die Regierung dem Unterhaus einen endgültigen Entwurf vorlegt. Denn danach können die Abgeordneten einige Grundpfeiler wie Einnahmen und Ausgaben und damit die Gesamthöhe des Defizits nicht mehr ändern. Der Haushalt könnte dann nur noch zur weiteren Behandlung an die Ausschüsse zurückverwiesen werden, oder das Abgeordnetenhaus lehnt das Budget überhaupt ganz ab."

Premier Mirek Topolanek  (Foto: CTK)
Der Staat aber braucht einen Staatshaushalt, und deshalb sind die politisch Verantwortlichen beinahe zum Kompromiss verurteilt. Letztlich wird daher wahrscheinlich niemand seine Idealvorstellung durchsetzen können - weder die alte, noch die neue Regierung, weder die alte, noch die neue Opposition.

Ein Teil der Verhandlungen wird aber wohl dem Ziel dienen, das Gesicht zu wahren. Denn das sozialliberale Exkabinett hat in seinem Entwurf ein Budgetdefizit von 88 Milliarden Kronen, das sind etwas mehr als drei Milliarden Euro, veranschlagt. Die Bürgerdemokraten wiederum haben als Oppositionspartei stets zu mehr Sparsamkeit aufgerufen, erachten dieses Defizit nun aber als zu niedrig. Argument: Die Zahlen seien durch Rechentricks frisiert. So hätte die Vorgängerregierung etwa bereits künftige und noch nicht vollständig ausgehandelte Privatisierungen auf der Habenseite mitberechnet. Eine völlig gängige Praxis, sagen ihrerseits die Sozialdemokraten.

Wenn beide Seiten sich einigen wollen, dann sollten sie das jedenfalls noch in diesem Monat tun. Denn die Zeit ist knapp, und ein nicht vorhandenes Budget würde viele Wähler wohl noch mehr verärgern, als die Streitigkeiten nach den Wahlen vor mehr als drei Monaten.