"Zwischen Grauen und Gelächter": Alfred Brendels Kino-Hommage in Prag

Alfred Brendel (Foto: Jiyang Chen, Wikimedia CC BY-SA 3.0)

Der österreichische Pianist Alfred Brendel ist einer der bedeutendsten Musiker des 20. Jahrhunderts. Er ist vor allem durch seine Interpretationen der Klavierwerke von Schubert, Beethoven, Mozart und Liszt bekannt geworden. Weniger bekannt sind seine Fachkenntnisse im Bereich der Filmgeschichte. Im Prager Kino Ponrepo präsentiert er in dieser Woche seine persönliche Hommage an das Kino. Unter dem Titel „Zwischen Grauen und Gelächter“ hat er eine Reihe aus 18 Filmen zusammengestellt und leitet jeden davon persönlich kurz ein. Radio Prag hat mit Alfred Brendel vor der Eröffnung gesprochen.

Alfred Brendel  (Foto: Jiyang Chen,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Herr Brendel, Sie kommen nach Prag, um hier Ihre persönliche Auswahl an alten Werken der Weltkinematographie vorzustellen. Die erste Filmschau „Zwischen Grauen und Gelächter“ fand vor zwei Jahren in Wien statt. Wie entstand die Idee dazu?

„Ich war vor drei Jahren bei einem Abendessen in Wien. Da waren sehr nette Menschen neben mir, und wir unterhielten uns über alte Filme. Und am Schluss sagte ein Mensch: Wollen Sie nicht eine Filmserie kuratieren? Es stellte sich heraus, dass das der Leiter der Viennale war, ein entzückender Mann namens Hurch. Ich schickte ihm zwei Tage später eine Liste, und die Idee wurde dann tatsächlich vor zwei Jahren realisiert.“

Können Sie sich noch an den allerersten Film erinnern, den Sie gesehen haben?

Buster Keaton  (Foto: United States Library of Congress,  Free Domain)
„Mein Vater hat sich einen Vorführapparat besorgt und Acht-Millimeter-Filme ausgeliehen. Wir fingen mit Filmen von Chaplin, Buster Keaton und Harold Lloyd an. Es war die beste Einführung, die ich mir vorstellen kann. Diese Sachen sind für mich auch sehr lebendig geblieben.“

Haben sie diese Streifen auch in Ihre Auswahl miteinbezogen, die Sie jetzt präsentieren?

„Ja, Harold Lloyd ist nicht dabei, aber sowohl Buster Keaton als auch Chaplin schon.“

Wie haben Sie die Filme ausgewählt, die in Prag im Rahmen der Filmreihe gezeigt werden?

Charlie Chaplin  (Foto: Free Domain)
„Unter der Devise ‚Zwischen Grauen und Gelächter‘. Und zwar habe ich hauptsächlich Filme gewählt, die nicht die allerberühmtesten paradigmatischen Filme sind. Es ist eine Ausnahme, dass hier auch Chaplin gezeigt wird, den ich ungeheuer bewundere. Die Filme von ihm sind relativ bekannt, die anderen sind vielen Leuten vielleicht nicht so geläufig. Es sind zum Beispiel zwei englische Filme, die man auf dem europäischen Festland kaum wahrgenommen hat.“

Sie sind vor allem ein Musiker. Inwieweit hat die Filmmusik bei der Auswahl eine Rolle gespielt. Ich habe gelesen, dass Sie kein Filmmusikfan sind…

Das stimmt allgemein gesagt. Aber es gibt natürlich Ausnahmen. Es gibt einige Filme, die musikalisch sehr interessant sind. Die erstaunlichste Ausnahme ist Chaplin, mit 'City Lights': Er hat diesen Film nicht nur konzipiert, ihn als Regisseur geleitet, darin als Hauptdarsteller gespielt, sondern auch noch die Musik gemacht oder zumindest skizziert. Wahrscheinlich hat jemand anderer dann das Ganze für das Orchester eingerichtet. Aber es ist jedenfalls eine Musik, die so genau zum Film passt, wie man sich es wünschen kann. Es ist aus diesem Grund, weil Chaplin alles war. Er wird auch mit Recht als Filmgenie anerkannt.“

Werk von Jan Švankmajer  (Foto: Archiv der Galerie der Hauptstadt Prag)
In Ihrer Auswahl vertreten ist auch Jan Švankmajer, der tschechische Filmregisseur des Surrealismus. Seit wann verfolgen Sie seine Werke, seit wann kennen Sie diesen Regisseur?

„Es gab in Deutschland vor ein paar Jahren eine große Ausstellung ‚Surrealistische Kunst aus Tschechien‘ - und das war ein Augenöffner. Man kennt ja viel zu wenig davon im Rest Europas. Bei der Ausstellung wurden Švankmajers Filme auch projiziert. So bin ich auf ihn gekommen. Ich war völlig entzückt von diesen frühen Filmen und freue mich, sie heute Abend wieder zu sehen.“

Werden Sie jeden Film mit einem Vortrag oder einigen Worten persönlich einleiten?

Bio Ponrepo  (Foto: Kristýna Maková)
„Das ist meine Absicht, ja.“

Prag ist die zweite Station dieser Filmveranstaltung?

„Ja, und die dritte wird im Juni Berlin sein. Ich freue mich ganz besonders, dass es hier stattfindet. Ich liebe diese Stadt, und ich habe hier wunderbare Menschen gefunden. Ich bin entzückt, eine Woche hier zu verbringen.“

Das Filmfestival „Zwischen Grauen und Gelächter“ mit persönlicher Teilnahme von Alfred Brendel wird von dem Prague Music Performance Institute, dem Nationalen Filmarchiv und dem Bio Ponrepo sowie dem Österreichischen Kulturforum Prag veranstaltet. Es findet vom 31. März bis 7. April im Prager Kino Ponrepo statt.