230 Jahre Tschechisch-Unterricht in Wien

Wien
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In Wien gab es dieser Tage etwas zu feiern - vor genau 230 Jahren fand an der dortigen Universität der erste Tschechisch-Unterricht statt. Katrin Bock sprach aus diesem Anlass mit Dr. Gertraude Zand vom Slawistik-Institut der Wiener Universität.

Am 7. Oktober 1775 fand eine Weltpremiere in Wien statt: Der Mährer Josef Valentin Zlobicky wurde erster Lehrer böhmischer Sprache an einer Universität. Damals sah das Studium allerdings noch anders aus wie heute, erläutert Dr. Gertraude Zand vom Slawistik-Institut der Wiener Universität.

"Es war sehr viel Unterricht an den Militärakademien und für verwaltungsmäßige Zwecke, um den Staat irgendwie instand zu halten und die Kommunikation zu verbessern - ich glaube, diese Vorstellung vom Studenten, der aus Interesse und aus Lust an der Sache etwas möglichst ausgefallenes studieren will, das war damals nicht so der Fall. Also, dieser erste Tschechisch-Unterricht war sicher für Studien, die nicht reine Slawistikstudien waren, sondern andere Studien, die man begleitet hat, mit der Kenntnis des Tschechischen, also für Juristen zum Beispiel."

Wie hat sich die Bohemistik in Wien weiter entwickelt?

"Die Bohemistik als Studienfach an der Universität ist im Rahmen der Slawistik als Studienfach 1849 gegründet worden, das war eine Folge dieser Revolutionsgeschehnisse von 1848, wo man entschlossen hat, dass auch die slawischen Staaten irgendwie repräsentiert sein müssen, dass es da auch Unterricht geben muss, dass man das verstärkt betreiben muss. Also, die Bohemistik ist eigentlich älter als die Slawistik in Wien. Vor genau 230 Jahren gab es erstmals auf universitären Boden Tschechisch Unterricht in Wien."

War damit eigentlich Wien die erste Universität, an der man Tschechisch lernen konnte, oder war das Prag?

"Wien war damit früher dran als Prag. Wien war die erste Universität, an der man Tschechisch lernen konnte und ist auch bis heute die Universität, die das größte Slawistikinstitut hat und die größte Bohemistik im deutschsprachigen Raum."

Wie viele Studenten studieren dort?

"In der Bohemistik haben wir etwa 180 Studenten. Es gibt einen Professor für Sprachwissenschaft, einen für Literaturwissenschaft, wobei das jeweils die ganze Westslawistik betrifft, mit einigen Assistentenstellen und dann gibt es noch externe Lektorinnen und Lektoren, die den Unterricht betreiben."

Konnte man die ganzen 230 Jahre lang hier Tschechisch studieren oder gab es irgendwelche Pausen?

"Fraglich wäre natürlich die Zeit von 1938-45, aber soviel ich weiß, gab es auch in dieser Zeit eine Studienmöglichkeit. Ich denke, dass es kontinuierlich diesen Unterricht gegeben hat, wobei aber lange Zeit Bohemistik auch ein relativ exotisches Fach war und erst nach 1989 war wirklich ein großer Boom festzustellen, wo sehr viele Studenten begonnen haben Tschechisch zu studieren und auch viele andere slawische Sprachen. Da war eine Hochzeit der Slawistik und das ist inzwischen ein bisschen wieder abgeflaut, aber die gesamten Studentenzahlen sind wesentlich höher als sie vor 1989 Jahren waren."

Soweit Dr. Gertraude Zand vom Slawistik-Institut in Wien, die mit ihren Kollegen diese Woche unter anderem im Tschechischen Zentrum in Wien den 230 Geburtstag des Tschechisch-Unterrichts an einer Universität feierte.