In 46 Tagen um die Welt
Mission erfüllt: Roman Kramařík hat als erster Tscheche allein die Welt umflogen. Anfang September ist er mit seiner Cessna P210N nach Prag zurückgekehrt. In einem Gespräch für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks hat er von seiner Reise erzählt. Hier die interessantesten Passagen.
Kramářík ist Kunstflieger, sein Geld verdient er aber als Anwalt. Und gleich seine zweite Station ist flugrechtlich wohl am anspruchsvollsten. Dies ist Israel. Noch vor dem Antritt seiner Reise sei er einem intensiven Sicherheitscheck unterzogen worden. Um alle Angelegenheiten habe sich allerdings die israelische Botschaft in Prag hervorragend gekümmert, sagt der Flieger:
„Interessant war dann, dass Israel meines Wissens nach das einzige Flugziel der Welt ist, das man noch vor seinem Start anrufen muss. Konkret war das bei mir von Belgrad aus. Dabei musste ich nicht nur um die Erteilung der Flugerlaubnis im israelischen Luftraum bitten, sondern auch den Sicherheitsdienst informieren. Und der forderte, dass ich mich 180 Meilen vor der Küste des Landes noch einmal über Funk melde. Das war ein etwas schwieriger Moment, der Empfang bei einem Funkgerät reicht nicht immer so weit. Ich habe also gefragt, was denn passiere, wenn ich keine Verbindung bekomme. Die zuständige Beamtin sagte mir in recht strengem Ton, dass die Verbindung zustandekommen müsse. Als Alternative habe ich mir daher eine Landung in Zypern überlegt. Zum Glück hat Israel aber sehr gute Antennen und Funkgeräte. Und 180 Meilen vor dem Ziel klappte die Verbindung. Ich habe einen Geheimcode genannt, den ich vorher bekommen hatte. Auf der anderen Seite ertönte dann aber eine sehr angenehme Frauenstimme: ‚Your entry is approved‘.“
Seine Zwischenstopps wählt Roman Kramařík nicht zufällig. Zum einen muss er die geopolitische Lage berücksichtigen. Zum anderen folgt er tschechischen Spuren in der Welt. Denn bei der Weltumrundung geht es auch darum, dass genau vor 100 Jahren der erste eigenständige tschechoslowakische Staat entstanden ist. Nicht umsonst trägt Kramaříks Flugzeug das Kürzel TGM – es sind die Initialen des Staatsgründers Tomáš Garrigue Masaryk. In Israel besucht der Pilot daher ein Kibbuz, das den Namen von Masaryk trägt.Treffen mit dem Dalai Lama
Der Flug geht dann weiter über Dubai und Karatschi in Pakistan nach Neu Delhi. Dort kommt es zu einem Treffen mit dem Dalai Lama. Ihn fragt Kramařík vor allem nach Erinnerungen an den früheren tschechoslowakischen und tschechischen Staatspräsidenten Václav Havel. Der Dalai Lama und Havel haben sich früher gut verstanden. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter antwortet also gerne, und Kramařík postet später auch einen Ausschnitt daraus in den Social Media:
„Ich habe großen Respekt vor Havel gehabt. Und ich hatte große Hoffnungen, dass er viel für den Weltfrieden leisten könnte, wegen seiner guten menschlichen Seele. Ich habe dann viel mit ihm diskutiert. Und wäre Havel nicht so früh gestorben, dann hätte er wohl wirklich noch mehr positive Dinge für den Frieden bewirken können“, so der Dalai Lama.Für Roman Kramařík ist die Begegnung eines der großartigsten Erlebnisse auf seiner Reise, wie er sagt. Aber erst einige Tage später macht er das Treffen mit dem geistigen Oberhaupt der Tibeter auch bekannt.
„Das Treffen haben wir schon Monate im Voraus geplant. Wegen unterschiedlicher möglicher Hindernisse war aber bis zum Schluss nicht klar, ob es klappt. Auch deswegen habe ich die Begegnungen nicht vorher publik gemacht. Doch es gab noch einen zweiten Grund: Eventuell hätte ich über chinesisches Territorium fliegen müssen. Deswegen wollte ich die chinesischen Behörden mit einer Ankündigung des Treffens nicht reizen. Letztlich habe ich das Zusammentreffen mit dem Dalai Lama erst bekanntgegeben, als ich in Japan war und damit sicher nicht mehr durch chinesischen Luftraum fliegen musste.“
Noch bevor der Abenteurer aber Japan erreicht, steht er aufreibende Momente durch. Beim Flug nach Thailand macht ihm das Wetter fast einen Strich durch die Rechnung. Es ist nämlich die Zeit des Monsuns:
„Ich hatte einen schweren Moment, mit dem ich aber schon im Vorfeld gerechnet hatte. Nur dachte ich nicht, dass es so schlimm werden würde. Als ich über den Golf von Bengalen flog und mich Myanmar näherte, war überall sehr schlechtes Wetter. Es schien so, als ob nirgendwo ein Durchkommen zu finden ist. Das hätte eine Abweichung von fünf Flugstunden bedeutet und vor allem eine komplette Überarbeitung meiner Pläne. Doch glücklicherweise fand ich dann doch die eine, wenn auch kleine Lücke, um über Myanmar nach Thailand zu gelangen.“Propeller kaputt
In dem südostasiatischen Urlaubsland jedoch klebt er nach der Landung am Boden. Denn sein Propeller ist defekt, wohl durch einen Steinschlag. Es droht, dass das gesamte Teil ausgetauscht werden muss – und damit die Reise auf Wochen gestoppt wird.
„Zum Glück gibt es bei Flugzeugen zu fast allem Handbücher. Unter seiner Zuhilfenahme und mit telefonischem Rat durch die Werkstatt des Flugzeugherstellers war die Reparatur dann doch nicht so schwer. Das größere Problem schien eher, dass ich nicht alles Werkzeug hatte. Aber Thailand ist eine Bastion der Schmuck-Herstellung und ein Industriestaat. Daher konnte ich recht einfach die ganzen feinen Werkzeuge für die Reparatur kaufen“, so der 43-Jährige.Noch im Juli war unklar gewesen, welche Strecke über den Pazifik am besten sein würde. Letztlich ging es auch um die Betankung mit dem richtigen Treibstoff. Tatsächlich nimmt Kramařík den von ihm zunächst nicht so favorisierten Weg über die Alëuten und Alaska. Dafür will er von Japan aus direkt amerikanisches Gebiet ansteuern, doch kurzfristig muss der Pilot umdisponieren.
„Russland hatte ich zunächst nicht auf dem Plan, weil das Land für Piloten von Kleinflugzeugen nicht gerade ein Paradies ist. Aber die japanischen Behörden stellten Bedingungen für einen Direktflug auf die Alëuten, die ich nicht erfüllen konnte. Ich sollte bereits in ihrem Luftraum so hoch steigen, wie ich meine Maschine nicht bekommen hätte. Deswegen musste ich auf Russland ausweichen und noch in Bangkok ein Visum beantragen. Das dortige russische Konsulat ist mir dann entgegengekommen, auch wegen der freundlichen Hilfe tschechischer Diplomaten. Das Visum wurde mir, entgegen den normalen Gepflogenheiten, ohne die übliche Wartezeit ausgestellt.“Und so geht es über den Osten des russischen Riesenreiches hinüber nach Alaska, und dann entlang der Westküste Amerikas bis nach Seattle. Es sind lange Flugstunden, die er allein in seiner Maschine verbringt. Ursprünglich hat Kramařík geglaubt, dass er sich die Zeit mit Lesen vertreiben kann. Doch die zehn bis zwölf Stunden im Cockpit hat er ganz anderes zu tun:
In Streckenrekord auf die Azoren
In den USA schwenkt Kramařík nach Osten und fliegt nach Boston. Dort trifft er sich mit John Nash aus der Baťa-Dynastie. Die Zusammenkunft mit dem Neffen von Jan Antonín Baťa bezeichnet der Pilot als „fantastisch“:„Zwei Tage lang haben wir intensiv debattiert und sind sein Archiv durchgegangen. Manchmal habe ich mich fast geschämt, wie wenig ich im Vergleich zu ihm über die tschechische Geschichte weiß. In einem der Dokumente schildert sein Großvater, wie er die Firma von seinem Halbbruder Tomáš übernommen hat. Dieser hatte das Unternehmen ja gegründet und so den Grundstein für eine Erfolgsstory gelegt. Jan Antonín Baťa übernahm die Firma, als Tomáš Baťa nach vielen Überredungsversuchen dann doch einwilligte, sich um das Amt des tschechoslowakischen Staatspräsidenten zu bewerben.“
Doch daraus wird nichts, denn Tomáš Baťa kommt 1932 vorzeitig zu Tode. Er stirbt ausgerechnet bei einem Flugzeugunglück. Wie Roman Kramařík aber sagt, seien das damals ganz andere Zeiten gewesen. Heute sei ein Flugzeug statistisch gesehen das sicherste Fortbewegungsmittel, außer man nehme einen Aufzug. Kramařík setzt also seine Weltumrundung fort. Beim Weg zurück über den Atlantik stellt er einen neuen tschechischen Rekord auf für die längste Strecke am Stück in einem Einsitzer: Ganze 3309 Kilometer überwindet er von Halifax in Kanada bis auf die Azoren. Über Großbritannien und Deutschland gelangt der Pilot am 8. September zurück nach Prag.Als er gelandet ist, den Motor ausgestellt hat und die Tür des Flugzeuges öffnet, stürmen seine Kinder und seine Frau auf ihn zu. 46 Tage lang haben sie ihn nicht gesehen. Nur zweimal musste Roman Kramařík aber den 40.000 Kilometer weiten Flug wegen schlechtem Wetter unterbrechen. Ansonsten habe er erstaunlich viel Glück gehabt, gesteht der Familienvater:
„Mehrfach habe ich in der Tagesvorbereitung auf die Wetterkarte geschaut, und alles schien gegen einen Flug zu sprechen. Rechts Frost, links Frost. Aber gerade dort, wo ich lang wollte, gab es einen vielleicht einhundert Meilen breiten Schönwetterkorridor. Ich glaube, Petrus musste ganz schön die Ärmel hochkrempeln, so häufig wie meine Schutzengel ihn um etwas gebeten haben.“