70 Jahre Münchner Abkommen
Historikertreffen, Zeitungsartikel, Rundfunk- und Fernsehprogramme sowie Ausstellungen haben dieser Tage in Tschechien ein gemeinsames Thema: das Münchner Abkommen. Oder einfach gesagt: „München“. Dieses inoffizielle „Kürzel“ hat sich in Tschechien längst für das Ereignis eingebürgert, mit dem vor genau 70 Jahren die Amputation der damaligen Tschechoslowakei vollzogen wurde.
Am 30. September 1938 traf in Prag das Kabinett zusammen und beschloss einstimmig, den Münchner Vertrag anzunehmen. Unter Verweis auf die militärische Überlegenheit des westlichen Nachbarn und die allgemein ungünstige politische Situation in Europa beteuerte Premierminister, General Jan Syrový, am selben Tag in einer Rundfunkansprache auf Tschechisch und Deutsch:
„Als Soldat erkläre ich in vollem Bewusstsein meiner Verantworlichkeit: Es ist der Weg des Friedens.“
Am 1. Oktober Punkt Null Uhr begann die deutsche Wehrmacht mit der Besetzung tschechoslowakischer Grenzgebiete. Die tschechische Zivilbevölkerung erlebt einen Schock. Für die zigtausende Soldaten der tschechoslowakischen Armee, die nach der Generalmobilmachung am 23. September ihre Positionen in den Militäranlagen des Grenzbefestigungsgürtels bezogen haben, bedeutet die bedingungslose Kapitulation große Enttäuschung.Wie sich bald zeigte, war es kein Weg des Friedens. Sechs Monate später machte Adolf Hitler einen weiteren Schritt zum Krieg, als er die restlichen Gebiete Böhmens und Mährens besetzte. Jedoch schon der 30. September 1938 ließ das so genannte „Münchner Trauma“ der Tschechen entstehen. Bis heute stellt man sich immer wieder die Frage, ob die Entscheidung der Politiker über die Kapitulation vor 70 Jahren richtig war. Im tschechischen Vokabular ist nämlich die Bezeichnung „Mnichov“, auf Deutsch München, unter anderem auch zur Metapher für Kapitulantentum und Feigheit geworden.