Aachen, Prag und Wien – drei Städte und eine Ausstellung: „Hans von Aachen“

Hans von Aachens Porträt von Rudolf II. (Foto: www.ct24.cz)

Großes Aufsehen hat vor ungefähr zwei Wochen das Portrait des Habsburger Kaisers Rudolf II. erregt, als es als Leihgabe des Kunsthistorischen Museums Wien nach Prag gebracht wurde. „Kaiser Rudolf II. kehrt nach Prag zurück“ - so oder ähnlich titelten wohl alle Tageszeitungen, als das hierzulande berühmte Gemälde des deutschen Malers Hans von Aachen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen auf der Prager Burg installiert wurde. Dort wurde es auch gemalt und 1997 nach fast 400 Jahren zum ersten Mal wieder in Prag gezeigt. Damals im Rahmen der umfassenden Ausstellung „Rudolfinische Kunst in Prag“. Am 1. Juli hat eine neue monographische Ausstellung auf der Prager Burg ihre Pforten geöffnet. Sie trägt den schlichten Titel „Hans von Aachen“.

Hans von Aachens Porträt von Rudolf II.
Die böhmische Hauptstadt war um das Jahr 1600 nicht nur der Sitz von Kaiser Rudolf II. Sie ist zu einem bedeutenden Kunstzentrum Europas geworden. In die Geschichte ist sie vor allem als Hofburg des europäischen Manierismus eingegangen. In der Person Hans von Aachens hatte diese Kunstrichtung einen hervorragenden Vertreter gefunden, der es aber verstand, sie an die Schwelle der barocken Malkunst zu bringen. Nun haben sich drei europäische Museen zusammengeschlossen, um diesen großen Meister der europäischen Malerei in je einer Ausstellung in Aachen, Prag und Wien zu präsentieren. In Aachen ging sie am 13. Juni zu Ende, die nächste Station ist jetzt Prag. Eliška Fučíková, die Koautorin der Ausstellung:

„Mit der Idee, eine Wanderausstellung vorzubereiten, kam unser Kollege aus Aachen. Die Stadt hat nämlich ein Gemälde von Aachen gekauft, es war aber klar, dass man mit einem Gemälde nicht viel anfangen kann. Wir haben uns in Prag getroffen, weil ich schon seit langem eine Hans von Aachen-Monografie vorbereitet habe. Hinzu kam noch die dritte Station Wien, wo eigentlich der Großteil der Bilder und Zeichnungen von Aachens aufbewahrt wird. So ist dieses internationale Gemeinschaftsprojekt zustande gekommen.“

Eliška Fučíková  (Foto: ČTK)
In Prag hat Hans von Aachen die letzten 14 Jahre seines Lebens verbracht: 1601 bis 1615. Seinen Mäzen hat er nur um drei Jahre überlebt. Eliška Fučíková nennt die Hauptstationen seiner künstlerischen Laufbahn:

„Hans von Aachen ist in Köln geboren und geschult worden, danach ist er nach Italien gegangen, von dort nach München und anschließend nach Prag. Als er nach Prag kam, war er schon ein europaweit berühmter Maler und genoss einen Ruf, wie es seinerzeit nur für wenige andere Künstler galt. Er ist nicht nur zum beliebten Maler von Kaiser Rudolf II. geworden. Er hat sich auch als führende Persönlichkeit des damaligen Künstlerkreises in Prag etabliert.“

Maria Maximiliana,  die Tochter des Malers Hans von Aachen
Dass Hans von Aachen erst durch das Ambiente in Prag, wo es damals buchstäblich von Künstlern wimmelte, den letzten Schliff als Maler bekommen hat, kann man also nicht sagen:

„Berühmt war er schon, als er nach Italien gekommen war. In den weiteren Stationen seiner Künstlerkarriere hat sich dieser Ruhm noch multipliziert. Im Auftrag des Kaisers bereiste Hans von Aachen Europa und wurde bei verschiedenen diplomatischen Missionen auch an noblen Adelshöfen empfangen.“

Aus der erhalten gebliebenen Korrespondenz ist ersichtlich, dass von Aachen den Kaiser durchlaufend informierte, wenn er in Italien auf interessante Bilder in einer adeligen Sammlung gestoßen war. Seine Briefe beinhalteten auch genaue Listen mit Empfehlungen, um welche der Bilder sich der Kaiser bemühen sollte. Daraufhin wurden Ersuche an die jeweiligen Besitzer gerichtet, die empfohlenen Werke dem Kaiser zu widmen. Auf diese Weise konnten die Herzogshöfe Rudolfs Gunst erwerben. Für den Kaiser selbst war es natürlich günstig. Er musste nichts zahlen.

Hans von Aachen: „Zug des Amors und Bacchus“
„Von Aachen hat eine flämische Ausbildung bekommen. Nachdem er nach Italien gekommen war, lernte er natürlich auch ziemlich viel von dem römisch-florentinischen rohen Manierismus. Für ihn war aber immer sehr wichtig die Verbindung der flämischen und venezianischen Kunst, Er war hoch sensibel und absorbierte verschiedene Einflüsse, die er dann auf eine besondere Weise verwertete. Von Aachen wich aber allmählich von dem internationalen Manierismus ab und arbeitete sich in seinen Bildern durch verschiedene Genres allmählich bis zum Frühbarock hin.“

Hans von Aachen: „Zwei lachende Männer - Doppelselbstbildnis“
Schon während seines Italien-Aufenthaltes konnte sich von Aachen auch als Maler behaupten. Laut Eliška Fučíková hatte er dort am Anfang keine großen Chancen, sich als Deutscher durchzusetzen. In der Prager Ausstellung findet man auch sein Porträt von Francesco I. Medici. Der florentinische Herrscher hatte sehr bedeutende italienische Porträtisten auf seinem Hof, und trotzdem ließ er sich von Hans von Aachen malen. Von einem Deutschen, das sei damals etwas Unerhörtes gewesen, sagt Fučíková. Der Auftraggeber habe es zu schätzen gewusst, dass dieser Künstler etwas mehr als unpersönliche Porträts malen konnte, die in seiner Zeit in Florenz als Modesache galten.


Hans von Aachen: „Selbstbildnis“
Die Position Hans von Aachens auf dem Hof Rudolfs II. war ausgesprochen exzellent. Der Kaiser, der eine umfangreiche Kunstsammlung auf der Prager Burg entstehen ließ, hatte eine ungewöhnlich freundschaftliche Beziehung zu seinem Hofmaler. Von Aachens Möglichkeiten, den Kaiser in seinen Gemächern zu besuchen, waren praktisch unbegrenzt. Dieses Privileg genoss auf Rudolfs Hof kaum jemand anderes. Eliška Fučíková bestätigt:

„Seine Beziehung zum Kaiser war sehr innig. Man kann sagen, dass sie Freunde waren. Das war wichtig auch für von Aachens Zugang zum Kaiser. Dieser war für ihn bestimmt leichter als für die Diplomaten.“

Nicht einmal der Bruder des Kaisers, Mathias, konnte sich einer so großen Beliebtheit erfreuen, wie Hans von Aachen. Selbst er musste drei Monate auf eine Audienz beim Kaiser warten.

Hans von Aachen: „Bacchus,  Ceres und Amor“
Dass der Kaiser und sein Hofmaler gute Freunde waren, davon zeugt auch Rudolfs Porträt, das Hans von Aachen höchstwahrscheinlich 1605 malte. Fučíková nennt es ein besonderes Werk:

„Hans von Aachen hatte Vorlagen/Skizzen für mehrere Porträts von Rudolf II. gemacht. Die sind leider nicht erhalten geblieben. Diejenigen, die das Signum seiner Werkstatt tragen, sind zum Großteil mit einem Anteil anderer Maler entstanden oder es handelt sich um Kopien seiner Bilder. Dieses eine Bild, das jetzt auf der Prager Burg zu sehen ist, ist ein besonderes Werk. Es zeigt den Kaiser ohne jede Verschönerung. Es ist also kein repräsentatives Porträt. So sah der Kaiser wirklich aus und so hat ihn der Maler auch gesehen. Es ist anzunehmen, dass von Aachen den Kaiser bei einem Gespräch porträtierte und im Bild das erfasst hat, wie sich die physische und psychische Gestaltung im Gesicht des Kaisers wieder spiegelte.“

Hans von Aachen: „Silen und Bacchus“
Das weitere Schicksal dieses Porträts nach Rudolfs Tod ist nicht bekannt. Fučíková meint, es sei höchstwahrscheinlich mit vielen weiteren Bildern Hans von Aachens von Prag nach Wien gekommen. Nach Rudolfs Tod wurde nämlich der Großteil seiner Sammlungen nach Wien überführt. Eine überlieferte Geschichte erzählt, Rudolfs Bruder Mathias soll sich unmittelbar nach dessen Tod für einige Tage in der Bildergalerie und den Räumlichkeiten mit Rudolfs reichhaltigen Kunst-Sammlungen eingesperrt haben. Dabei soll er eine Art sorgfältige Inventur gemacht und entschieden haben, was nach Wien gesendet werden sollte. Das ist auch eine Erklärung dafür, warum heutzutage so viele von Rudolfs Schätzen in Wien zu finden sind. Nur ein kleiner Teil davon gelangte nach Schweden.

Ausstellung „Hans von Aachen“ auf der Prager Burg  (Foto: ČTK)
In der Prager Ausstellung „Hans von Aachen“, die auf der Prager Burg bis zum 3. Oktober geöffnet bleibt, sind viele berühmte Bilder zu sehen. Darunter auch einige, die in Prag noch nie gezeigt wurden. Die ausgestellten Bilder haben ihr Domizil in berühmten Galerien wie dem Louvre in Paris, der Ermitage in St. Petersburg, dem British Museum in London und anderen. Von Aachens Porträt von Rudolf II. gilt aber als Hauptmagnet – zumindest für die Tschechen. Das glaubt auch Eliška Fučíková bestätigen zu können:

„Ich glaube schon. Hierzulande weiß doch jeder, wer Rudolf II. war, auch wenn es unterschiedliche Meinungen gibt.“