Abgeordnetenhaus billigt Lissabon-Vertrag – zuvor monatelange Blockade
Am Mittwoch hat das tschechische Abgeordnetenhaus nach kontrovers geführter Debatte dem Lissabon-Vertrag zugestimmt. Für das Dokument, das die Europäische Union reformieren soll, stimmte eine Mehrheit von 125 Abgeordneten in der 200-köpfigen unteren Kammer des tschechischen Parlaments. Nötig war die so genannte Verfassungsmehrheit von 120 Stimmen.
Entscheidend für die Zustimmung war die Haltung der Bürgerdemokratischen Partei von Ministerpräsident Mirek Topolánek. In ihrer Meinung zum Lissabon-Vertrag und der europäischen Integration ist die Partei in sich zerrissen. Ein Teil der Bürgerdemokraten neigt weiterhin dem extrem europakritischen Staatspräsidenten Václav Klaus zu, die anderen zum Vernunfteuropäer Topolánek. Letztlich stimmten die oppositionellen Sozialdemokraten und die Regierungsparteien inklusive mehr als der Hälfte der Bürgerdemokraten für den Lissabon-Vertrag. Geschlossen dagegen waren die Kommunisten. Sie forderten ein Referendum über den Vertrag. Der kommunistische Fraktionsvorsitzende Pavel Kováčik:
„Wir denken, dass ein Referendum das geeignete Instrument ist, um über Änderungen an einem Vertrag zu entscheiden, der ebenfalls per Referendum beschlossen worden ist.“
Damit erinnerte Kováčik an den gültigen EU-Beitrittsvertrages. Und über diesen haben die tschechischen Bürger vor dem EU-Beitritt ihres Landes per Referendum abgestimmt.
Während die Kommunisten also bei ihrer ablehnenden Haltung blieben, konnten sich eben einige bürgerdemokratische Abgeordnete von ihrem bisherigen Nein zum Vertrag lösen. Dies dürfte mit der geplanten neuen Geschäftsordnung des tschechischen Parlaments zusammenhängen: In Zukunft soll jede wichtige Vereinbarung der Regierung in Brüssel an die Zustimmung der tschechischen Volksvertreter gebunden sein. Das hilft gegen die Angst, dass Prag auf unkontrollierte Weise Kompetenzen nach Brüssel abgeben könnte. Doch das positive Votum im Abgeordnetenhaus ist nur die erste Schlacht, die gewonnen wurde, betonte Ministerpräsident Topolánek:„Ich bin froh, dass der Lissabon-Vertrag den Weg durch das Abgeordnetenhaus geschafft hat. Aber die nächste Schlacht wird im Senat geschlagen. Weiter gilt, dass wir Bürgerdemokraten einen Parteitagsbeschluss haben, der die Verabschiedung von Lissabon sowohl an die Verabschiedung der Verträge zum US-amerikanischen Radar als auch der neuen Geschäftsordnung des Parlaments bindet.“
Wie sich die bürgerdemokratischen Senatoren verhalten werden, ist bisher unklar. Sie stellen die Mehrheit im Oberhaus und haben bereits eine weitere Verfassungsbeschwerde angekündigt. Die allerletzte Hürde für Lissabon ist jedoch Staatspräsident Václav Klaus. Er hat deutlich gesagt, er wolle seine Unterschrift erst dann leisten, wenn die irischen Bürger in einem weiteren Referendum dem Vertrag zugestimmt haben.