Acht Mal k. u. k. Monarchie im Prager Nationalmuseum

Foto: Milena Štráfeldová

An fünf Orten Prags kann man in dieser Saison in die Atmosphäre der Habsburger Monarchie eintauchen. Das Nationalmuseum veranstaltet nämlich in seinen Gebäuden gleich acht unterschiedliche Ausstelllungen zu diesem Thema. Alte mechanische Musikinstrumente, Sportsmänner in den böhmischen Ländern, die Spuren von Karl May und Weiteres stehen bei den Ausstellungen im Mittelpunkt. An diesem Donnerstag wurde die zentrale Ausstellung des Zyklus mit dem Namen „Monarchie“ eröffnet, sowie zwei weitere Ausstellungen mit den Titeln „Die Kinderwelt in der Kaiserzeit“ und „Der Mensch in der Photographie“.

Michal Lukeš  (Foto: ČTK)
Das historische Gebäude des Prager Nationalmuseums am Wenzelsplatz, das selbst aus Zeiten der Monarchie stammt, wird zurzeit renoviert. Die Ausstellungen finden daher gleich gegenüber im Gebäude statt, wo früher die tschechoslowakische Föderalversammlung war und später der Sender Radio Free Europe. Dort hat das Museum für mehrere Jahre Zuflucht gefunden. Michal Lukeš ist der Direktor des Nationalmuseums, er erläutert die Idee hinter dem Ausstellungszyklus:

„Unser Ziel war natürlich keine nostalgische Huldigung vergangener Zeiten. Wir haben uns nach dem Erfolg der Ausstellung ‚Republika’ über die Erste Tschechoslowakische Republik entschieden, noch weiter in die Vergangenheit zurückzugehen. Wir nehmen die Zeit in Augenschein, die der Entstehung der Republik vorangegangen war, also die zweite Hälfte des 19. und der Beginn des 20. Jahrhunderts.“

Foto: Milena Štráfeldová
Kurator der Ausstellung „Monarchie“ ist Petr Landr, ein Mitarbeiter des Nationalmuseums:

„Den Zeitrahmen der Ausstellung bilden die Jahre 1848 bis 1918. Wir befassen uns vorrangig mit dem Gebiet der Böhmischen Länder. Um einen Kontext zu bieten, werden auch einige internationale Begebenheiten erwähnt – wie etwa die Geschichte von Ferdinand Maximilian von Habsburg in Mexiko. Erläutert wird auch die Beziehung der Böhmischen Länder zu anderen Ländern der Habsburger Monarchie. Der Fokus liegt aber auf den Böhmischen Ländern, von dort stammen auch die meisten Exponate.“

Petr Landr  (Foto: Milena Štráfeldová)
Aber nicht nur das Nationalmuseum war Quelle für die Ausstellung, betont Petr Landr:

„Für den Teil über den Kaiser und seine Familie haben wir uns bemüht, unsere eigenen Museumsstücke aus seinem Nachlass durch weitere Gegenstände zu ergänzen. Diese wurden vor allem aus Wien ausgeliehen. In weiteren Kapiteln haben wir unsere Sammlungen ausgenutzt, aber auch Gegenstände aus Regionalmuseen ausgeliehen, wo das Thema des Alltags sehr gut dokumentiert ist. In der Vergangenheit gab es wenige Gründe, Sachen aus diesem Bereich zu sammeln. Der Fokus der Museen war entweder ethnographisch oder kunsthistorisch, aber die Darstellung des Alltags war und ist leider immer noch nicht ein typischer Bestandteil der Museumsarbeit.“

Foto: Milena Štráfeldová
Die Ausstellung präsentiert unterschiedliche soziale Milieus in der Stadt und auf dem Land. Man kann einen bürgerlichen Salon besuchen, eine Stadtwohnung, ein Landhaus, ein Büro, ein Provinzschloss oder aber eine Textil-Fabrik auf dem Land. Der erste Ausstellungssaal ist aber dem Herrscherhaus Habsburg vorbehalten.

„Im ersten Teil macht sich der Besucher mit dem Kaiser und seiner Familie bekannt. Es wird aber auch gezeigt, dass der Kaiser als Kultperson wahrgenommen wurde, wir zeigen seine Bilder auf verschiedenen Tassen, Textilien, auf Scheren und weiteren Gegenständen.“

Kleid der Kaiserin Elisabeth  (Foto: Milena Štráfeldová)
In einer Vitrine ist eines der Prachtstücke der Ausstellung zu sehen, nämlich ein Kleid der Kaiserin Elisabeth, also von Sissi:

„Das Kleid ist nicht sehr bekannt. Das Kunsthistorische Museum in Wien erwarb es als Geschenk aus dem Nachlass einer Hofdame, die es von der Kaiserin geschenkt bekam. Das Kleid ist aus dunkelblauem Samt genäht, es stammt aus der Zeit um 1860.“

Im weiteren Saal wird die Geschichte der letzten 70 Jahre der Donau-Monarchie chronologisch dargestellt.

„Die politische und kulturelle Geschichte wird auf Grundlage von historischen Zielscheiben geschildert, auf denen Bilder zu bestimmten Begebenheiten und Erscheinungen zu sehen sind.“

Foto: Milena Štráfeldová
Weiter gelangt man in einen bürgerlichen Salon, in ein Büro und in eine Küche.

„In der Küche finden wir einen Gegenstand, der uns überrascht, und zwar einen Kühlschrank. Der Schrank ist aus Holz und innen hat er einen Blechkasten. In den Raum zwischen Holz und Blech wurde Eis oder Eisschrot gelegt, so wurde der Innenraum gekühlt. Solche moderne Errungenschaften wurden bereits Ende des 19. Jahrhunderts genutzt. Im Verkaufskatalog der Firma Jan Neff waren sie bereits seit den 1880er Jahren ein üblicher Bestandteil des Angebots.“

Halsband von Naděžda Kramářová  (Foto: Milena Štráfeldová)
Jede Ausstellung rühmt sich durch ihre Prachtstücke. Neben des bereits erwähnten Kleides von Kaiserin Sissi zählen dazu eine Uniform des Kaisers Franz Joseph I. und ein Spazierstock des tschechischen Dichters Jan Neruda. Bei einem Halsband von Naděžda Kramářová, der russischen Adeligen und Gattin des späteren ersten tschechoslowakischen Premierministers Karel Kramář, handelt es sich um das größte Diamanten-Halsband in Tschechien überhaupt. Ausgestellt ist auch ein Taschentuch des Thronfolgers Ferdinand d´Este mit Bluttropfen nach dem Attentat von Sarajewo. Im Zusammenhang mit dieser Persönlichkeit erwähnt Petr Landr einen weiteren Ausstellungsmagneten:

Foto: ČTK
„Ein weiterer interessanter Gegenstand steht im Vorsaal. Es ist ein Dampfwagen, der im Jahr 1902 von der Hofkanzlei für Ferdinand d’Este bestellt wurde. Nach dem Jahr 1918 war er in Privatbesitz und für lange Jahre verschollen. Erst vor ein paar Jahren hat eine Gruppe Enthusiasten ihn entdeckt und restauriert, so dass sich dieses Auto in sehr gutem Zustand befindet und heute sogar an Langstreckenrennen teilnehmen kann. Der Wagen ist auch aus technischer Sicht sehr interessant: Er ist zwar eine Dampfmaschine, wurde aber nicht mit Kohle oder Holz befeuert, sondern mit Benzin. Er ähnelt also dem heutigen Auto. Und auch seine Form ist den heutigen Autos wesentlich näher, als man erwartet hätte.“

Foto: Milena Štráfeldová
Während die erste Sektion den Kaiserlichen Hof und die Stadt präsentiert, gilt die zweite der Provinz. Gezeigt wird, wie der Adel auf seinen Schlössern lebte. Ein selbständiges Kapitel ist der so genannte neue Adel, also vor allem erfolgreiche Unternehmer, die ihren Adelstitel erst im 19. Jahrhundert erwarben. Dargestellt wird auch der wirtschaftliche Hintergrund dieser Adeligen, vor allem Textilfabriken. Abgeschlossen wird der Rundgang in einem Kino. Ein historischer Film zeigt den Abmarsch der Soldaten an die Fronten des Ersten Weltkriegs. Der Krieg setzt nicht nur einen Schlussstrich hinter die Ausstellung, sondern hat diesen auch hinter die Habsburger Monarchie gesetzt.

Foto: ČTK
Die Ausstellung „Monarchie“ ist bis zum Juni kommenden Jahres im Nationalmuseum zu sehen. Begleitet wird sie von zwei kleineren Ausstellungen über das Leben der Kinder im 19. Jahrhundert und die Entstehung der Fotografie. An der Ausstellung „Monarchie“ kann sich auch die breite Öffentlichkeit beteiligen. Das Museum fordert im Rahmen des Projekts „Bewahrt eure Familiengeschichte“ auf, alte Fotos aus Familienalben einzusenden. Informationen über alle Begleitveranstaltungen und über die laufenden und geplanten Ausstellungen des Zyklus „Monarchie“ finden sich www.monarchie.nm.cz.