Adventszeit und Konsumverhalten der Tschechen

Foto: Jana Sustova

Es ist wieder soweit. Es weihnachtet im Lande. Jetzt müssen wieder Geschenke eingekauft werden, und auf viele kauffreudige Kunden freut sich europaweit der Handel. Wie steht es um das Konsumverhalten der Tschechen als neue EU-Mitglieder? Dieser Frage geht im heutigen Feuilleton Jitka Mladkova nach:

Foto: Jana Sustova
Die Zeit der Einkaufsrekorde! Etwa so kurz und bündig lässt sich mittlerweile auch in Tschechien der Advent charakterisieren. Nachdem das Weihnachtsgeschäft des Vorjahres alle auf denselben Zeitraum bezogenen Bilanzen in hohem Maße übertroffen hatte, zeichnet sich schon wieder ein neuer Umsatzplusrekord ab. Übrigens, in Tschechien bedarf es offensichtlich keinerlei Appelle eines Spitzenpolitikers an die Bürger, man hoffe auf ein ordentliches Weihnachtsgeschäft. Wussten doch schon viele Fachkundige der Handelsbranche bereits zwei Monate vor dem diesjährigen Weihnachtsfest einen noch kräftigeren Umsatzschub als im Vorjahr in Aussicht zu stellen. Der kontinuierliche Kundenansturm in Geschäften und die ersten Zwischenbilanzen können den einheimischen Einzelhandel tatsächlich optimistisch stimmen. Schon jetzt glaubt man zu wissen, dass die tschechischen Haushalte rund vier Milliarden Kronen mehr (etwa 130 Millionen Euro) für ihre Weihnachtseinkäufe ausgeben werden. Und dies nicht zuletzt auch dank dem bereits erfolgten Anstieg der Verbraucherkredite, die dem Herrn Kunden ohnehin das ganze Jahr hindurch auf Schritt und Tritt angeboten werden. Vor Weihnachten dann buchstäblich für alles Erdenkliche - Brustvergrößerung oder Seychellenreise inklusive. Freuen können sich aber auch die Online-Geschäfte. Belief sich ihr Weihnachtsumsatz vor einem Jahr auf 200 Millionen, so rechnet man zurzeit mit einem 100prozentigen Anstieg. Kurz und gut, vieles dreht sich dieser Tage um den Konsum, und das neue EU-Mitglied Tschechien holt in diesem Bereich schnell auf. Vor etwa einer Woche zerbrachen sich in Berlin die Kulturminister aus neun europäischen Staaten die Köpfe gemeinsam mit rund 300 hochkarätigen Gästen aus ganz Europa über - wie es hieß - "einheitsstiftende Elemente jenseits der kulturellen Vielfalt" Europas, die künftig in einer Charta der Kultur als Ergänzung zur EU-Verfassung festgeschrieben werden sollten. Dies unter dem Motto: "Europa eine Seele geben!". Angesichts der angepeilten und immer wieder gerne gepriesenen Umsatzraten der Geschäftbranche muss man sich aber fragen: Gilt nicht gerade der Konsum als ausgeprägter Ausdruck der europäischen Seele? In den alten EU-Ländern hat er sowieso schon längst festen Fuß gefasst und die neuen Länder, wie schließlich am Beispiel Tschechiens ersichtlich, machen schnelle Fortschritte. Für die Seele Europas ein anderes dermaßen "einheitsstiftendes Element", wie es eben der Konsum ist, zu finden und zu haben, ist eine äußerst schwere Aufgabe. Von Aufbruchstimmung nach Mauerfall und Osteuropaöffnung ist fünfzehn Jahre später leider nicht viel zu spüren.