Aggression auf tschechischen Straßen nimmt zu - Verkehrsrowdy erhält exemplarische Strafe

Luboš Lacina (Foto: ČTK)

Es geschah im März auf der Autobahn D1 von Brno / Brünn nach Prag. In Rambo-Manier drängte ein dunkler Škoda Superb einen langsamer fahrenden Mazda von der Straße, alles bei Tempo 120. Der Mazda überschlug sich mehrmals. Nur durch Glück kamen die Fahrerin und ihr Beifahrer mit leichten Verletzungen davon. Nun ist der Fahrer des Superb verurteilt worden: fünf Jahre Haft ohne Bewährung und danach sieben Jahre Führerscheinentzug, urteilte das mittelböhmische Kreisgericht. Verkehrsexperten begrüßen das Urteil und warnen vor immer aggressiverem Verhalten der Autofahrer auf tschechischen Straßen.

Luboš Lacina  (Foto: ČTK)
Ausgangspunkt war eine Situation wie viele andere auf einer Autobahn. Luboš Lacina hatte es mit seinem Škoda Superb sichtlich eilig, doch vor ihm ein langsameres Auto beim Überholen eines Lkw. Der 41-Jährige blinkt, hupt und gestikuliert. Als die Fahrerin des langsameren Mazda das Überholmanöver beendet, zieht Lacina seinen Wagen plötzlich nach rechts, rammt den Mazda und katapultiert ihn regelrecht von der Straße. Lacina behauptet, er habe den Abstand falsch abgeschätzt, Richter Miloslav Čihák am mittelböhmischen Kreisgericht ist indes zu einem anderen Schluss gekommen:

Dunkler Škoda Superb drängte einen langsamer fahrenden Mazda von der Straße  (Foto: www.policie.cz)
„Der Angeklagte hat die Fahrerin auf ihrem Fahrstreifen vorsätzlich und jäh behindert, so dass sie darauf nicht reagieren konnte. Er hat sich eines Verhaltens schuldig gemacht, bei dem er unmittelbar eine gefährliche gesundheitliche Schädigung der Fahrerin in Kauf nahm.“

Pech für den Angeklagten, dass eine Überwachungskamera auf der Autobahn die gesamte Szene festgehalten hatte. Das Urteil aber - fünf Jahre Haft und nachfolgend sieben Jahre Führerscheinentzug - ist allerdings nicht rechtskräftig, Lacina ist noch im Gerichtssaal in Berufung gegangen. Verkehrsexperten halten den Urteilsspruch dennoch bereits für exemplarisch. Darunter der Chef der Verkehrspolizei, Leoš Tržil, der sich im Tschechischen Rundfunk äußerte, wenn auch in Beamten-Sprache:

Leoš Tržil
„Auf seine Weise kann das Urteil eine Warnung sein, dass die Justiz kompromisslos vorgehen wird bei einer groben Verletzung der Straßenverkehrsordnung respektive der vorsätzlichen Gefährdung anderer.“

Für das exemplarische Urteil ist es wohl bereits allerhöchste Zeit. Denn Fachleute sagen: Aggressionen gehören auf tschechischen Straßen zum Alltag. Der Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im tschechischen Verkehrsforschungszentrum, Jindřich Frič:

Jindřich Frič
„49 Prozent, also die Hälfte der Autofahrer in Tschechien, haben bei einer vergleichenden internationalen Studie angegeben, dass sie regelmäßig aggressives Verhalten auf der Straße erleben. Und zehn Prozent der Fahrer gaben zu, auch selbst so zu handeln.“

Im Vergleich von 22 nicht nur europäischen Staaten läge Tschechien damit zwar im Mittelfeld, sagt Frič, doch die Tendenz zur Aggression sei steigend. Die Verkehrsexperten halten den Anstieg großteils für gesellschaftlich bedingt: Die Menschen stünden unter immer größerem Druck. Aber das ist nicht alles: Immer stärkere und schnellere Autos im Besitz tschechischer Autofahrer würden das aggressive Verhalten fördern, heißt es.

Luboš Lacina  (Foto: ČTK)
Tschechische Senatoren haben deswegen eine Gesetzesnovelle ausgearbeitet und wollen das Strafpunktesystem verschärfen. Zum Teil nimmt die Novelle Maß an Deutschland und will einige Gesetzeslücken schließen. So ist hierzulande Sicherheitsabstand im Straßenverkehr immer noch nicht geregelt; und das Überholen über rechts gilt bisher nur als Ordnungswidrigkeit und nicht als Straftat.