Tschechiens Autofahrer schon reif für den Darwin-Preis?

Die Finanzierungspraxis im tschechischen Gesundheitswesen und die Rücksichtslosigkeit so mancher Autoraser in Tschechien – zwei Themen aus den Kommentarspalten des tschechischen Blätterwalds am Freitag.

Wegen der ihrer Meinung nach zu geringen Gehälter hat knapp ein Viertel der Krankenhausärzte die Kündigung eingereicht. Das fehlende Geld für die Ärzte sei aber durchaus vorhanden, wenn in anderen Bereichen der Medizin nicht so schlecht gewirtschaftet würde, kritisiert Jiří Leschtina in der Hospodářské noviny. Durch ein ausgeklügeltes Betrugssystem würden hier Milliarden direkt in den Wind geblasen. Leschtina schreibt weiter:

„Nach Angaben von Transparency International sind an Bestechungsgeldern im Gesundheitswesen zirka 27 Milliarden Kronen geflossen. (…) Damit werden vor allem die Taschen der Beamten und die Parteikassen gefüllt. Dorthin fließt das Bestechungsgeld dafür, dass der Staat untätig zusieht, wie überteuerte medizinische Geräte und überflüssig teure Medikamente gekauft werden. Oder aber dafür, dass überzogene Preise für Bauten gezahlt werden, die ihren Ursprung in einer manipulierten Ausschreibung haben.“

Nach Meinung von Leschtina sei es an der Zeit, das Pferd in der Medizin endlich von vorn aufzuzäumen. Soll heißen: Nicht mehr Geld für medizinisches Zubehör ausgeben als nötig, um an die Mediziner selbst mehr zahlen zu können. Das aber sei bei den gegenwärtigen Strukturen nicht möglich, schreibt Leschtina und resümiert:

„Das Gesundheitswesen ist wegen seiner verworrenen Strukturen einer der undurchsichtigsten Zweige. Hier tummeln sich Schieber, die die Gesetzeslücken ausnutzen. Und wenn die Politiker von den undichten Stellen wissen, aber sie dennoch nicht stopfen, dann wird man ihnen auch nicht Unrecht tun, sie als Kumpane der Gauner zu bezeichnen.“


Unter dem Titel „Schleichendes Massaker“ befasst sich die Lidové noviny in ihrem Kommentar mit der jüngst veröffentlichten Bilanz der Verkehrsunfälle in Tschechien im Jahr 2010. Es seien zwar weniger Tote zu beklagen, aber zur Zufriedenheit bestehe weiterhin wenig Anlass, heißt es darin.

Wie zum Beleg dafür machte sich Tomáš Vocelka in der Mladá fronta Dnes so seine Gedanken über das brutale Verkehrsdelikt, das ein tschechischer Autofahrer am Dienstag auf der deutschen Autobahn A3 begangen hat. Um einen Lkw-Fahrer zu „strafen“, der ihm auf der Überholspur zu langsam fuhr, hatte sich der Tscheche kurz darauf mit seinem Mercedes vor den Laster gesetzt und dann abrupt gebremst. Beim Lesen dieser Meldung seien ihm zwei Gedanken durch den Kopf geschossen, schreibt Vocelka:

„Zuerst der, dass der tschechische Bursche in seinem Mercedes-Geländewagen Riesenglück hatte, nicht einer der Spitzenkandidaten für den Darwin-Preis geworden zu sein. Und zum Zweiten musste ich enttäuscht konstatieren, dass sich einer meiner Lieblingsschriftsteller, Peter Mayle, sehr geirrt hat. Und zwar mit der Behauptung, dass man die wahnsinnigsten unter den Autofahrern in Europa auf der Staatsstraße N100 in der südfranzösischen Provence findet. (…) Herr Mayle, versuchen Sie mal in Tschechien zu fahren. Ich würde Ihnen gern die Autobahn D1 empfehlen.“

Der Sarkasmus in Vocelkas Worten spiegelt wohl nur einen Hauch der Wut darüber wider, dass man inzwischen auch vor einem tschechischen Autofahrer europaweit auf der Hut sein muss.