AKW Temelin: Schwarzenberg spricht mit Plassnik über Grenzblockaden - Völkerrechtsklage unsicher
Am Rande des Treffens der Außenminister am Montag in Brüssel nahm Karel Schwarzenberg seine österreichische Amtskollegin Ursula Plassnik zur Seite. Rund eine halbe Stunde sprach der tschechische Außenminister mit ihr über die Grenzblockaden österreichischer Gegner des südböhmischen Kernkraftwerks Temelin. Diese hatten am Freitag einen Umfang erreicht wie seit sieben Jahren nicht mehr. Schwarzenberg sagte, dass die Geduld in Tschechien seine Grenzen habe.
Seinen Worten nach wies er sie aber auf einen wichtigen Unterschied hin:
"Wenn sie in Wien demonstrieren würden, sei es ihnen gegönnt. Aber ich weiß nicht, warum an unseren Grenzübergängen, wo das doch wirklich der Freundschaft schadet. Das ist keine nachbarschaftliche Zusammenarbeit."
Laut österreichischen Pressemeldungen entgegnete Plassnik, dass auch sie "wenig Verständnis" für die Blockaden habe. Doch die Atomkraftgegner haben angekündigt, ihre Protestaktionen noch auszuweiten. Am Freitagnachmittag, also während der Wochenendverkehr ins Rollen kam, hatten sie zwölf der 16 Grenzübergänge blockiert. Diese Woche, so wird vermutet, könnte gleich der komplette Grenzverkehr zwischen Tschechien und Österreich lahm gelegt werden. In Prag überlegt man nun, die Blockaden offiziell im Rahmen der EU anzusprechen."Wenn diese Probleme andauern, schließe ich dies für die Zukunft nicht aus", droht Karel Schwarzenberg.
Derweil scheint den Temelin-Gegnern das vordergründige Argument für die Grenzblockaden abhanden zu kommen. In der letzten Zeit betonten sie immer wieder, dass sie die Regierung in Wien zu einer Völkerrechtsklage gegen Tschechien wegen Temelin bewegen wollen. Solch eine Völkerrechtsklage ist aber nach neuesten Erkenntnissen davon abhängig, ob sich auch Tschechien dem Verfahren stellen will. Das hat der Verfassungsdienst in Österreich in seinem Gutachten geschrieben, das seit Dienstag vorliegt. In Prag sah man bisher jedoch keinerlei Anlass, die Reaktorsicherheit in Temelin durch den Internationalen Gerichtshof behandeln zu lassen. Bleibt laut der Verfassungsgutachter nur eine Möglichkeit: Österreich schreibt "eine klare und unmissverständliche Aussage", dass die Verpflichtungen des Melker Abkommens zur Atomsicherheit in Temelin nicht erfüllt worden seien. Das könnte allerdings ein durchaus schwieriges Unterfangen werden.